Die Landesregierung richtet eine Forschungsstelle für die so genannten Orchideenfächer ein. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ist von deren Bedeutung überzeugt. Sie seien „elementar für die Grundlagenforschung und für die Vielfalt des Denkens“.

Stuttgart - Größtmögliche Wissensvielfalt ist nötig, um die teilweise globalen gesellschaftlichen Herausforderungen zu lösen.“ Das ist eine der grundlegenden Thesen der vom Land eingesetzten „Expertenkommission zur Situation der Kleinen Fächer in Baden-Württemberg“. Vielfalt ergibt sich, wenn die Universitäten möglichst viele unterschiedliche Fächer anbieten und sich nicht nur auf die großen Studiengänge verlegen. Diese Ansicht teilt die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Sie sagt: „wir sind auf die Kleinen Fächer zwingend angewiesen. Sie gehören zum Kern der Wissenschaft, sie sind elementar für die Grundlagenforschung und für die Vielfalt des Denkens“.

 

Wer wollte den Herausforderungen des Klimawandels begegnen ohne die Expertise der Meteorologen; Slavistik und Osteuropäische Geschichte haben zum Verständnis Russlands allerhand beizutragen, Sinologie oder Japanologie erschließen den fernen Osten. Dies alles sind Kleine Fächer. Sie zu erhalten bedeutet, die wissenschaftlichen Kompetenzen auf einem hohen Niveau zu sichern und zu fördern. Bei maximal drei Professoren an nicht mehr als zwei Standorten gilt das zum Teil durchaus als Herausforderung.

Landesinitiative soll Leistungsfähigkeit sichern

Baden-Württemberg hat nun eine Landesinitiative „Kleine Fächer“ gestartet, mit der die Regierung die Leistungsfähigkeit der Kleinen Fächer sichern will, wie die Wissenschaftsministerin versichert. Die Initiative ist zunächst auf drei Jahre angelegt und sie hat nach Einschätzung von Bauer das Potenzial „bundesweit neue Standards im Umgang mit den Kleinen Fächern zu setzen“.

Die Initiative umfasst fünf Punkte, die sich aus einem Symposium im vergangenen Jahr in Stuttgart entwickelt haben: Die Landesregierung bestückt drei Jahre lang einen Strukturfonds mit jährlich einer Million Euro. Der Fonds soll die nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Kleinen Fächer sichern. Gefördert werden zum Beispiel neue Strukturmodelle.

Die Wissenschaftsministerin wird einen Zukunftsrat einberufen. Diesem sollen Vertreter der Landesuniversitäten, Mitglieder von außeruniversitären Forschungseinrichtungen und von Förderinstitutionen angehören. Sicher ist, dass Markus Hilgert, der Vorsitzende der Expertenkommission und Direktor des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin, dem Zukunftsrat angehören wird. Das Gremium soll darüber entscheiden, wer aus dem Strukturfonds gefördert wird und die Vorhaben fachlich und hochschulpolitisch begleiten.

Neue Forschungsstelle für Orchideenfächer

Geplant ist ferner eine so genannte Forschungsstelle strukturschwache wissenschaftliche Kompetenzen. Sie wird an einer der neun Landesuniversitäten angedockt werden. Über den Standort ist noch nicht entschieden. Die Forschungsstelle wird ausgeschrieben. Es gilt als naheliegend, die Forschungsstelle an einer der drei Volluniversitäten Heidelberg, Freiburg oder Tübingen einzurichten. An diesen drei Universitäten sind zusammen allein 95 der insgesamt 116 im Land angebotenen Kleinen Fächer vertreten. Die Personalausstattung der Forschungsstelle ist nach Auskunft eines Sprechers des Wissenschaftsministeriums ebenfalls noch offen.

Gemeinsam nehmen sich der Zukunftsrat und das Wissenschaftsministerium vor, die öffentliche Wahrnehmung der Kleinen Fächer zu verbessern. Außerdem soll die Landesinitiative mit Bemühungen in anderen Bundesländern oder im Bund vernetzt werden. Die Sorge um die Kleinen Fächer besteht schon lange. Meist tauchen sie nicht in den Struktur– und Entwicklungsplänen der Hochschulen auf. Die Hochschulrektorenkonferenz hatte schon vor zehn Jahren eine Projektgruppe eingesetzt, um zu verhindern, dass die Kleinen Fächer ins Hintertreffen geraten.

Universitäten begrüßen Landesinitiative

Von Artenschutz für die Orchideenfächer will Markus Hilgert, der Vorsitzende der Expertenkommission, nichts wissen. Selbstbewusst erklärt der Altorientalist „Kleine Fächer brauchen keinen Artenschutz, sie benötigen spezifische Steuerungsinstrumente und einen institutionenübergreifenden Blick“. Er legt besonderen Wert auf Koordinierung, sonst, so Hilgert, „kann es geschehen, dass Fächer lokal reduziert werden und die Kompetenzen plötzlich im ganzen Land fehlen“. die Kleinen Fächer seien ein wichtiger Teil des Fächerspektrums an den Unis im Land.

Die Universitäten begrüßen die Landesinitiative. Hans-Jochen Schiewer, der Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz betonte, die Kleinen Fächern seien gut aufgestellt, sie seien an diversen Exzellenzclustern beteiligt und brächten bedeutende Preisträger hervor.