Die baden-württembergische Ministerin Bilkay Öney tritt im Bundesrat für die doppelte Staatsbürgerschaft ein. Warum, das sagt sie im StZ-Interview.

Stuttgart - Die baden-württembergische Ministerin Bilkay Öney tritt im Bundesrat für die doppelte Staatsbürgerschaft ein. Warum, das erzählt sie im Interview mit der Stuttgarter Zeitung.

 

Frau Öney, was ist so schlimm am jetzigen Optionsmodell, das Sie kippen wollen?

Seit 2000 ist es so, dass Kinder, die in Deutschland auf die Welt kommen und von denen mindestens ein Elternteil in Deutschland lebt, automatisch mit der Geburt deutsche Staatsbürger werden. Diese Kinder müssen sich mit 18, spätestens aber mit 23 Jahren für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Es gibt jedoch auch Menschen, bei denen wird Mehrstaatigkeit hingenommen. Zum Beispiel bei EU-Ausländern, bei Kindern aus einem binationalen Haushalt und Leuten, deren Ursprungsland niemanden ausbürgert. Das ist eine Ungleichbehandlung. Warum zwingen wir bestimmte Leute, ihren Pass abzugeben, und andere dürfen ihn behalten? Ich denke, wir sollten sie nicht vor die Wahl stellen, eine Staatsangehörigkeit abzugeben. Dadurch stürzen wir die Menschen in einen Konflikt.

Ist es von der Regierung nicht heuchlerisch, nur von manchen Menschen eine Entscheidung zu erzwingen?

Natürlich ist das heuchlerisch. Die CDU sagt, man müsse sich für einen Pass entscheiden. Dann soll mir die CDU aber erklären, warum der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister zwei Pässe haben darf, aber ich nicht? Er muss sich doch auch zu einem Land bekennen. Das ist ein doppelter Standard, den möchte ich aufgehoben wissen.

Wo sehen Sie dafür Mehrheiten?

Das Stimmverhältnis im Bundesrat sieht so aus: rot-grüne und von Linken regierte Länder haben 30 Stimmen, Schwarz-Gelb hat 25 Stimmen, und die neutralen Länder haben 14 Stimmen. Ich hoffe natürlich, dass wir eine Mehrheit finden, ich bräuchte 35 Stimmen. Ich rechne damit, dass wir spätestens 2013 eine rot-grüne Bundesregierung haben. Insofern habe ich mich jetzt gar nicht auf den Zeitpunkt festgelegt. Nietzsche hat gesagt: "Viele Menschen verfolgen stur den Weg, nur wenige verfolgen stur das Ziel." Ich verfolge das Ziel.

Spricht auch etwas für das Optionsmodell?

Nein, es hat nur Nachteile. Es ist verwaltungstechnisch aufwendig, weil man die Leute über ihre Rechte und Pflichten aufklären muss. Wenn wir das Optionsmodell aufheben würden, dann würden wir Verwaltungsaufwand und -kosten sparen. Atilla Selek, der Sauerland-Attentäter, wurde nach 2000 eingebürgert und musste seinen türkischen Pass abgeben. Jetzt wurde ihm die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen, weil er bei der Einbürgerung verschwiegen hatte, dass ein strafrechtliches Verfahren gegen ihn anhängig war. Nun ist er staatenlos und wir können ihn nicht mal in die Türkei abschieben. Ich weiß nicht, ob die CDU das so gerne hat.