Er hat mit seinem Erbe nicht unwesentlich zum Bau des Gemeindezentrums der evangelischen Brüdergemeinde beigetragen. Nun gerät dieser Spender in den Verdacht, sich an Kindern vergangen zu haben.

Korntal-Münchingen - Wenn es einen Vorfall gibt, der die ehemaligen Zöglinge in den Einrichtungen der evangelischen Brüdergemeinde heute noch schaudern lässt, dann ist es die Geschichte eines Jungen. Dieser soll sich das Leben genommen haben, weil er das Erlebte – Vergewaltigungen durch Mitarbeiter der Gemeinde – nicht ertragen hat. Noch unterträglicher wurde der Vorfall aus Sicht der ehemaligen Heimkinder der Brüdergemeinde aber durch die Tatsache, dass ausgerechnet einer der mutmaßlichen Peiniger – der Hausmeister – später das Grab für den Jungen ausgehoben hat. Der Junge ist nur 18 Jahre alt geworden.

 

Die Vorwürfe basieren auf einer eidesstattlichen Erklärung von Detlev Zander, der 2014 die Fälle von Gewalt in den Einrichtungen der Brüdergemeinde publik gemacht hat. Demnach sei der Junge, der sich später das Leben nahm, im Alter von neun oder zehn Jahren von mehreren Männern vergewaltigt worden. Einer der Peiniger soll Jakob Munz gewesen sein. Munz hat der Brüdergemeinde offenbar 1,2 Millionen Euro vermacht. Deren 6,7 Millionen Euro teures Gemeindezentrum wurde im Juli des Jahres 2010 eingeweiht.

Eindrückliche Schilderung des Mannes

Munz war laut Zander dafür verantwortlich, dass die Sonntagspredigten im Gottesdienst auf Tonband aufgenommen wurden, sodass die Bewohnerinnen des Witwenheims die Predigten nachhören konnten. Munz soll den Jungen, so erzählt es Zander, nach dem Sonntagsgottesdienst zu sich nach Hause genommen haben, wo der Mann dann übergriffig geworden sie. Zander sagt, auch er selbst sei ein Opfer von Munz geworden. Manchmal seien Munz und der Hausmeister gemeinsam als Täter in Erscheinung getreten. „Munz war ein auffälliger Mann, sein Erscheinungsbild war ungepflegt“, sagt Zander. „Er trug abgetragene stinkende Anzüge und Hemden, die am unterem Rand stark verdreckt waren. Er hielt seine Schuhe mit zerfetzter Paketschnur zusammen.“ Nach dem Gottesdienst habe er sich in sein Auto setzen müssen, ehe er dann in dessen Wohnung gefahren sei. „Ich ging fast weinend mit. Jakob Munz fasste mich mit seiner großen rauen Hand an und zog mich mit.“

Zinsloses Darlehen der Gemeinde

Dass mit dem Erbe eines mutmaßlichen Täters das Gemeindezentrum finanziert worden ist, war in der Öffentlichkeit bisher nicht bekannt. Stadtverwaltung und Gemeinderat arbeiteten eng mit der Brüdergemeinde zusammen, als über den Bau des Gemeindezentrums und die Gestaltung des davor liegenden Platzes diskutiert wurde. Ermöglicht hatte die Umgestaltung des Platzes übrigens ein zinsloses Darlehen der Korntaler Güterkaufgesellschaft und der Brüdergemeinde in Höhe von 900 000 Euro – das sind mehr als zwei Drittel der Gesamtkosten.