Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung kritisiert den Start der Aufarbeitung der Vorfälle in Korntaler Kinderheimen. Es sei bei dieser Thematik einer der größten Fehler, unter Zeitdruck zu arbeiten.

Korntal-Münchingen - Mit deutlichen Worten grundsätzlicher Kritik hat sich jetzt der unabhängige Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung zur Aufarbeitung des Korntaler Missbrauchsskandals geäußert. Die Mediatoren, die Brüdergemeinde und Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Heimopfer hatten bei einer Pressekonferenz am Dienstag die Gewährung finanzieller Leistungen zur Anerkennung von Leid für Ende 2017 in Aussicht gestellt. Die Anerkennung steht am Ende eines Aufarbeitungsprozesses. Mit dem Hinweis auf das Jahresende zugleich das Ende der Aufarbeitung vorauszusagen, kritisiert Johannes-Wilhelm Rörig. Er betrachtet das Verfahren grundsätzlich, sagt aber: „Das ist einer der größten Fehler, den man machen kann, wenn man im schwierigen Prozess der Aufarbeitung mit Zeitdruck arbeitet.“

 

Die Brüdergemeinde und die AG Heimopfer hatten die Mediatoren Gerd Bauz und Elisabeth Rohr beauftragt. Gemeinsam konstituierten sie sich in einer Auftraggebergruppe. Sie will bis Mitte Januar einen Aufklärer genannt haben, der die Schilderungen von psychischer und physischer Gewalt in den Korntaler Kinderheimen zwischen den 1950er und 1980er Jahren auf Plausibilität prüfen soll. Detlev Zander und seine Mitstreiter des Betroffenenforums lehnen Rohr und Bauz ab, sie gehören daher nicht der Auftraggebergruppe an. „Wenn kein Einvernehmen über die ersten Aufarbeitungsschritte erzielt wird, ist das schlecht für den Neustart“, sagt Rörig. Doch nimmt er Zander auch in die Pflicht, wenngleich er ihn nicht nennt: „Nur verweigern geht nicht, irgendwann muss man den Schritt gehen, die schmerzhaften und verstörenden Ereignisse aufzuarbeiten.“ Um ihn einzubinden, zugleich eine verlässliche Arbeitsgrundlage für alle zu schaffen, könnte es laut Rörig helfen, wenn die Mediatoren für Zanders Betroffenenforum einen unabhängigen Berater hinzuzögen.