Als Bundestagsabgeordneter stimmte er mehrfach dagegen, Mautdaten zur Verbrecherjagd zu nutzen. Als Innenminister fordert Thomas Strobl (CDU) genau das nun vehement. Spott von der Opposition bleibt da nicht aus.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es sind zwei rhetorische Fragen, die die FDP als Titel einer aktuellen Debatte an diesem Mittwoch im Landtag formuliert hat. „Ist Datenschutz Verbrecherschutz? Wie glaubwürdig ist Grün-Schwarz bei diesem Thema?“ Eine Antwort gibt Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke schon vorab. „Alles andere als glaubwürdig“ sei für ihn der CDU-Landeschef Thomas Strobl: Als Landesinnenminister fordere dieser genau das, wogegen er als Bundestagsabgeordneter mehrfach gestimmt habe – die Verwendung von Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung.

 

Was Strobl heute für dringend notwendig hält, hat er tatsächlich im Bundestag wiederholt abgelehnt. Schon im Autobahnmautgesetz von 2002 hieß es: „Diese Daten dürfen ausschließlich zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes verarbeitet und genutzt werden.“ Zwei Jahre später beschlossen die Abgeordneten einstimmig folgenden Zusatz: „Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig.“ Strobl sei nicht entschuldigt gewesen, ließ Rülke recherchieren, also müsse er zugestimmt haben.

Rülke spottet über Gedächtnisschwäche

Ums gleiche Thema ging es 2015 beim Votum über das Infrastrukturabgabengesetz. „Eine Übermittlung, Nutzung oder Beschlagnahme dieser Daten nach anderen Rechtsvorschriften ist unzulässig“, wurde da beschlossen. Darüber wurde sogar namentlich abgestimmt, weshalb das Ja des Heilbronners Strobl im Protokoll dokumentiert ist, auf Seite 9355. Nur gut zwei Jahre später ist er als Innenminister nun ganz anderer Ansicht – da bleibt Rülkes Spott nicht aus: „Offenbar leidet Herr Strobl immer dann unter Gedächtnisschwäche, wenn es ihm gerade politisch opportun erscheint.“

Das Abstimmverhalten dementiert ein Sprecher des Innenministers nicht, die Frage nach den Gründen des Sinneswandels beantwortet er nur indirekt. Aus den Reihen der Innenminister seien immer wieder Vorstöße unternommen worden, die Mautdaten für die Aufklärung von Verbrechen nutzen zu dürfen. „Bedauerlicherweise hat sich hierfür aber noch keine politische Mehrheit gefunden.“ Auch Strobls Schwiegervater Wolfgang Schäuble hatte einst als Innenminister vergeblich dafür plädiert. Strobl lag dem Vernehmen schon damals auf dessen Linie, votierte mangels Mehrheit aber anders.

Notwendige Instrumente für Ermittler

Nun, als Minister, kann er sich endlich offensiv zu seiner Ansicht bekennen. Nur durch Mautdaten aus Österreich habe der Mord an zwei jungen Frauen, darunter der Joggerin vom Kaiserstuhl, geklärt werden können – dadurch sieht er sich in seiner Forderung bestätigt, den Ermittlern alle notwendigen Instrumente an die Hand zu geben. Strobl sei fest entschlossen, versichert sein Sprecher, „auch in dieser Hinsicht für die Sicherheit der Menschen in diesem Land zu kämpfen“.