Die Mobile Jugendarbeit hat im Stadtbezirk Sillenbuch gut zu tun, vor allem rund um den Heumadener Dorfplatz gibt es immer wieder Probleme. Doch das Budget wird knapp – auch beim Förderverein.

Sillenbuch - Der Bericht von Simon Fregin in der vergangenen Sitzung des Sillenbucher Bezirksbeirats war eindeutig: Der Mobilen Jugendarbeit (MJA) im Bezirk geht die Arbeit nicht aus. Vor allem rund um den Heumadener Dorfplatz haben der 28-jährige Sozialarbeiter und seine Kollegen einiges zu tun. Seit Oktober drehen sich die Bemühungen der Streetworker um eine große Tiefgarage unter dem Areal. Jugendliche haben sich diese als Platz zum Abhängen ausgesucht. Anwohner beschweren sich über Lärm, Beschädigungen und Müll. Die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) hat die MJA ins Boot geholt. „Wir suchen Lösungen, die für alle gut sind“, erklärt Simon Fregin.

 

Weiteres Konfliktpotenzial bietet das zunehmend ungenierte Kiffen vieler Heranwachsender in der Öffentlichkeit. Dorfplatz-Anwohner, aber auch Eltern haben die MJA drauf aufmerksam gemacht. Die wird mit einer Infoveranstaltung reagieren. Im Frühjahr sollen mehrere Kooperationspartner zusammenkommen: Polizei, Sucht- und psychologische Beratung etwa.

Jugendliche sollen nicht vertrieben werden

Eine Anlaufstelle für die Jugendlichen im Bezirk ist beispielsweise der „Bus mit Biss“, ein Van, mit dem das MJA-Team seit Anfang Dezember donnerstagabends auf dem Dorfplatz parkt. „Wir haben Liegestühle dabei und Tee und versuchen, mit den Kids ins Gespräch zu kommen“, erklärt Simon Fregin. Die Zielrichtung ist klar: Man wolle die Jugendlichen nicht vertreiben, sondern ihnen stattdessen gute Angebote machen.

Die klassische Klientel des MJA sind benachteiligte oder von Benachteiligung bedrohte junge Leute um die 16 Jahre, die über andere Einrichtungen, etwa das Jugendhaus, nicht zu erreichen sind. Jedoch kommen zunehmend junge und auch nicht mehr so junge Erwachsene auf die Sozialarbeiter zu, die sich beim Start ins Berufsleben schwertun. Die einen wüssten nicht, wie man Bewerbungen schreibt, die anderen litten unter einem Missbrauch durch Zeitarbeitsfirmen, so Fregin.

Die Hilfe wird also im Bezirk durchaus gebraucht. Dabei sind die Helfer selbst auf Unterstützung angewiesen. Die Finanzierung wird seit ein paar Jahren immer mehr zum Kraftakt. Eine besondere Belastung sind die Mietkosten – in Sillenbuch und an allen anderen 15 MJA-Standorten in Stuttgart, erklärt Wolfgang Riesch, der stellvertretende Bereichsleiter bei der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (Eva), dem Verwaltungsträger der Jugendsozialarbeit im Bezirk. Vor einigen Jahren ist diese an die Bernsteinstraße 3 in Heumaden gezogen; günstig gelegene Räume, die aber alles andere als günstig zu mieten sind. Laut Riesch fallen pro Jahr um die 23 000 Euro an, die dann unterm Strich als Defizit stehen bleiben. „Die Raumkosten fressen uns die Haare vom Kopf“, sagt er.

Die Lage spitzt sich aktuell zu, weil die steigenden Kosten auf sinkende Einnahmen treffen. Der Förderverein, der die MJA in Sillenbuch seit mehr als 20 Jahren unterstützt, hat seinen Förderbeitrag von 15 000 auf zukünftig 10 000 Euro pro Jahr reduzieren müssen, erklärt Wolfgang Riesch. Die Großspenden seien in den vergangenen fünf Jahren ausgeblieben, der Verein habe von der Substanz gelebt. Als Reaktion müssen die Ehrenamtlichen nun ihr Engagement einschränken. „Wir schauen nun Jahr für Jahr neu, welche Unterstützung der Förderverein bei der Finanzierung der MJA in Sillenbuch leisten kann“, so Riesch.

Im schlimmsten Fall schließen Standorte

Neben dem Förderverein gibt es weitere Finanzierungspartner: Einen Großteil der Kosten, nämlich rund 60 Prozent, trägt die Stadt, zudem gibt es einen Landeszuschuss, der etwa 15 Prozent der Kosten ausmacht. Die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden im Stadtbezirk sind ebenfalls an der Trägerschaft beteiligt und übernehmen rund 14 000 Euro. Alle nicht gedeckten Kosten trägt die Eva durch Eigenmittel, erklärt Wolfgang Riesch weiter. Im vergangenen Jahr blieben für die MJA und die Schulsozialarbeit in Sillenbuch noch etwa 25 000 Euro zu zahlen.

Eine Stellschraube sieht der Dachverband Mobile Jugendarbeit Stuttgart, in dem neben der Eva die Caritas als Träger auftritt, bei der Stadtverwaltung, die seit Jahren einen Pauschalbetrag, bezogen auf die Personalstellen, zahlt. „Das Ziel ist, dass sich die Grundlagenfinanzierung der Mobilen Jugendarbeit prinzipiell verbessert“, macht Riesch klar. Man will bei den nächsten Doppelhaushaltsberatungen einen Mietkostenzuschuss herausschlagen. „Wenn es nicht dazu kommt, müssen wir die Augen und Ohren offen halten nach neuen Räumen“, betont er. Und im schlimmsten Fall, wenn etwa der Förderverein sein Engagement ganz einstellen müsste, müsste man über die Schließung von Standorten nachdenken, so Wolfgang Riesch.

Für Leute wie Ivica Adrijanic wäre das ein Problem. Der Objektbetreuer der SWSG berichtet, dass man rund um den Dorfplatz in Heumaden große Hoffnungen in die Zusammenarbeit mit der MJA setze. In der Garage, in der unterschiedliche Heumadener Jugendgruppen abhängen würden, häuften sich nämlich Sachbeschädigungen, auch rauchten die Teenies dort oft Shisha, was wiederum ein Problem für den Brandschutz darstelle. Die Zusammenarbeit mit den Streetworkern sei daher wichtig fürs ganze Viertel.