Die Deutsche Bahn bleibt für das Fahrrad-Verleihsystem „Call a Bike“ in Stuttgart zuständig. Die Zahl der künftig blauen statt roten Räder soll erheblich steigen, bis zu 80 Kommunen in der Region könnten sich an dem System beteiligen.

Stuttgart - Das runderneuerte Fahrrad-Verleihsystem in Stuttgart soll am 1. März 2018 unter dem neuen Namen Regio-Rad-Stuttgart (bisher Call a bike) starten. Es kommt schwer in Tritt, weil eine europaweite Ausschreibung der Stadt im Februar 2016 keine adäquaten Angebote ergeben hatte. In der zweiten Runde setzte sich die DB-Tochter DB Connect GmbH aus Frankfurt durch. Sie betreibt schon Call a bike. Der Verwaltungsausschuss des Gemeinderates hat den Zuschlag nicht öffentlich erteilt, doch seit Montag ist er aufgeschoben, weil einer der beiden Mitbewerber, dem Vernehmen nach die Nextbike GmbH aus Leipzig, vor der Vergabekammer in Karlsruhe Rechtsverletzungen beanstandet hat. Die Kammer entscheidet in spätestens fünf Wochen. Nextbike bliebe dann noch der Gerichtsweg.

 

Grafik: So viele Fahrräder gibt es in Baden-Württemberg

Pro Jahr zahlt Stadt 754 000 Euro

Der neue, acht Jahre und acht Monate laufende Vertrag für die Leihräder wird die Stadt pro Jahr 753 859,76 Euro kosten. Garantierte Einnahmen aus Werbeerlösen (55 692 Euro jährlich) sind da schon abgezogen. Für das Geld erhält die Stadt „50 Prozent mehr Leistung“, sagt Ralf Maier-Geißer, Leiter der Abteilung nachhaltig mobil im OB-Büro. In Zahlen: 750 statt bisher 500 Fahrräder, davon 150 Pedelecs, die die Steigungen mithilfe eines Elektromotors bezwingen helfen. Außerdem sollen von März 2018 an auch bisher nicht berücksichtigte Stadtbezirke mindestens eine Radstation erhalten, ihre Zahl wächst von 45 auf 60. Und in der Innenstadt wird es als Pilotversuch für jeden Bezirk zwei Lasten-Pedelecs geben. „Sie können für den Wochenendeinkauf, vielleicht aber auch für den Transport von Kleinkindern genutzt werden“, so Maier-Geißer. Am Montag versammelte er Vertreter von insgesamt 19 Kommunen aus der Region im Rathaus, die an der Ausschreibung beteiligt waren. Ihr Aufwand von 3,4 Millionen Euro liegt unter dem kalkulierten Vergabewert von 5,3 Millionen, weshalb Maier-Geißer erwartet, dass alle an Bord bleiben – und weitere aus der Schar der 80 Kommunen in der Region bei der Vereinheitlichung des Verleihsystems zusteigen werden. 500 zusätzliche Räder könnte es 2019 für die Remstal-Gartenschau geben. Noch ist das aber nicht entschieden.

Erste 30 Minuten kostenlos

Neben der Farbe und den Rädern selbst, die in die Jahre gekommen sind, soll sich für die Kundschaft nicht allzu viel ändern. Die ersten 30 Minuten Ausleihe bleiben kostenlos, die jeweils nächsten 30 schlagen mit einem Euro zu Buche, der Tageshöchstsatz bleibt bei 15 Euro. Pedelecs kosten ab dem ersten Meter, und zwar zwölf Cent pro Minute, höchstens aber 22,50 Euro pro Tag. Unverrückbar festgeklopft sind diese Werte nicht, man wolle sie in den Vertragsgesprächen diskutieren, so Maier-Geißer. Klar aber ist, dass der Aufwand für die Stadt mit jährlich 753 859 Euro erheblich steigt. Zuletzt wurden rund 280 000 Euro bezahlt, die Kosten für die Verlängerung auf 2017 wegen der gescheiterten ersten Ausschreibung nennt die Stadtverwaltung nicht. Direkt vergleichbar sei der Zuschuss nicht, weil 1997 beim Aufbau des Systems der Bund Stationen und den für die Ladesäulen nötigen Tiefbau subventioniert hatte. Auch für die Pedelecs gab es Zuschüsse. Die fließen nicht erneut. „Einzig der Stromanschluss bleibt“, sagt Maier-Geißer, alles andere werde erneuert.

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Mit einem Gesamtpreis von 8,335 Millionen Euro für die acht Jahre und acht Monate Radverleih in der Landeshauptstadt konnte sich DB Connect deutlich vor Nextbike (10,3 Millionen Euro) und der Wiener Sycube GmbH (24,8 Millionen) platzieren. Die Stadt hat die Zahlen von DB Connect geprüft. Es gebe keine unzulässige Mischkalkulation durch die Übernahme des Betriebs der in der Region vorhandenen Stationen. Man erwarte, dass DB Connect seine Leistungspflichten werde erfüllen können, so das Fazit aus der Preisprüfung.

Grafik: Leihräder in Baden-Württemberg

Nutzerzahlen sollen steigen

Das runderneuerte System und die Ausdehnung auf die Region soll die Nutzerzahlen deutlich steigern. 2016 gab es in Stuttgart 169 000 Ausleihungen. Die Einnahmen gingen bisher komplett an die Bahn-Tochter. Künftig erhält die Stadt 75 Prozent. Kann die Bahn die Leihzahlen deutlich steigern, erhält sie von den Mehrerlösen 40 bis 100 Prozent.