Wie rückt man den hohen Schadstoffwerten in der Innenstadt zu Leibe? Einen Vorgeschmack auf die Haushaltsdebatte um die Mobilitätspolitik gibt die Diskussion im Technischen Ausschuss.

Stuttgart - Im Vorgriff auf die Haushaltsberatungen haben die Stadträte an Dienstag im Technischen Ausschuss des Gemeinderates über die geplanten Ausgaben zur Reduzierung der Luftschadstoffwerte in der Innenstadt debattiert. Dabei wurden die Konfliktlinien innerhalb des Rates erneut deutlich: Während CDU, Freie Wähler, AfD und der Einzelstadtrat der Stadtisten auf technischen Lösungen oder den Bau neuer Straßen zur Verbesserung der Luftqualität setzen, zielt das ökosoziale Lager auf eine Verringerung des motorisierten Individualverkehrs ab – inklusive begleitender Maßnahmen.

 

Das sogenannte Haushaltspaket Mobilität umfasst ein Volumen von 832 000 Euro für das Jahr 2016 für bereits beschlossene oder angelaufene Maßnahmen. Hinzu kommen weitere insgesamt 12,1 Millionen Euro, die bis 2020 unter anderem in den Ausbau des Radverkehrsnetzes, die Pflanzung von Sträuchern und Bäumen, den Ausbau der Tempo-40-Strecken an Steigungen sowie das Parkleitmanagement und die Busbevorrechtigung investiert werden sollen.

Freie Wähler und Stadtisten-Stadtrat für Nord-Ost-Ring

Im Grundsatz waren die Fraktionen sich weitgehend einig, dass die Stadt angesichts drohender Strafen aus Brüssel (die StZ berichtete) in diesem Bereich investieren muss. Über Details des Pakets dürfte in den Etatberatungen allerdings noch gestritten werden. So stellt etwa die SPD die Ausgaben in Höhe von 120 000 Euro für die wissenschaftliche Begleitung des Versuchs, mit einer Mooswand am Neckartor die Schadstoffe zu absorbieren, in Frage. Ihr Fraktionschef Martin Körner begehrte zudem Aufklärung darüber, wie im Fall eines Feinstaubalarms – der soll ab Januar 2016 von der Stadt entsprechend der Wetterlage ausgerufen werden können – der Verkehr gelenkt werden solle. Der Stadtisten-Stadtrat Ralph Schertlen wiederum nannte die Mooswand einen Versuch aus der Abteilung „Jugend forscht“. Gangolf Stocker (SÖS-Linke-Plus) lehnte den Versuch gar als „völlig daneben“ ab, ebenso wie die geplante Subventionierung der Taxibranche zur Umstellung auf Elektromobilität.

Schertlen und Freier-Wähler-Fraktionschef Jürgen Zeeb plädierten in der Ausschusssitzung außerdem dafür, den umstrittenen Nord-Ost-Ring zur Verkehrsentlastung der Innenstadt nicht aus den Augen zu verlieren. Dass Verkehrsplaner Stephan Oehler betonte, die Wirkung dieser Straße auf den innerstädtischen Verkehr sei „gleich null“, konnte die Straßenbefürworter nicht umstimmen. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz wiederum entpuppte sich als Fan der Mooswand: Man brauche einen „ganzen Blumenstrauß“ an Maßnahmen gegen die Schadstoffbelastung: „Es reicht nicht, die Autos aus der Stadt rauszuhalten.“ Dass der Versuch mit der Mooswand Geld koste, sei unausweichlich. man dürfe aber nichts unversucht lassen, unterstrich Kotz getreu der Maxime „Ohne Moos nix los“.

Verkehrsleitzentrale soll aufgerüstet werden

Auch der geplante Ausbau der Integrierten Verkehrsleitzentrale (IVLZ) für vier Millionen Euro dürfte in den Etatberatungen noch für Kontroversen sorgen. Geplant sind insgesamt 70 neue Schilder sowie sogenannte Variotafeln, mit denen der Autofahrer über freie und belegte Parkplätze, Verkehrsbehinderungen und Straßensperrungen sowie über die aktuelle Luftbelastung informiert werden soll.

Für CDU-Mann Kotz keine Frage: Die IVLZ sei „ein Erfolgsmodell“, ein Ausbau daher absolut richtig. Skeptischer äußerte sich Grünen-Stadtrat Björn Petterhoff. Das System diene eher der Verkehrslenkung, es sei sinnvoller, mehr Mittel für die Verkehrsreduzierung auszugeben. Auch Christoph Ozasek (SÖS-Linke-Plus) sieht in der IVLZ ein Instrument zur Optimierung des Verkehrs: „Das hat die Luftverschmutzung nicht gesenkt.“ Jürgen Zeeb hält diese Skepsis für völlig unbegründet: „Wir haben da ein tolles Instrument in der Hand. Das hat zwar noch Luft nach oben, aber man sollte es nicht schlechtreden.“