Die letzten kostenlosen Parkplätze in der Stuttgarter City sind weggefallen. Jetzt fürchten die Einzelhändler, dass ihre Umsätze sinken. Und für die Autofahrer zeichnet sich eine absehbare Folge ab: Parkhausbetreiber werden wohl die Preise erhöhen.

Stuttgart - Die Innenstadt fürchtet um ihre Zukunft. Wegen des neuen Parkraummanagements, in dessen Zuge nun auch die letzten kostenlosen Laternenparkplätze verschwunden sind, beklagt der Handel eine zunehmend schlechter werdende Erreichbarkeit der Innenstadt. Eine absehbare Folge: Parkhausbetreiber wollen voraussichtlich ihre Preise erhöhen.

 

„Der Handel braucht Verkehr“, sagt Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg. Allein schon aus diesem Grund beklagt die Einzelhandelsexpertin die neue Regelung in Stuttgart, die seit Anfang Oktober greift und aus Sicht der Stadt Kurzparkangebote für Läden schafft, das Falschparken reduziert und damit die Verkehrssicherheit verbessert und außerdem den Parksuchverkehr eindämmt.

Erste Beschwerden von Einzelhändlern seien beim Verband eingegangen. Die im Stuttgarter Westen erfolgreich praktizierte Praxis greift nun auch in den übrigen Innenstadtbezirken. Demnach sind im City-Bereich sämtliche öffentlichen Stellplätze gebührenpflichtig. Zehn Minuten kosten 80 Cent, 60 Minuten 3,50 Euro. Die Parkdauer ist auf eine Stunde beschränkt. Jahresausweise für Anlieger kosten zwischen 150 und 400 Euro.

Handelsverband: Der ÖPNV wurde nicht verbessert

Doch Hagmann will nicht einfach eine Lanze für das Auto brechen. „Isoliert bringt die neue Parkordnung nichts“, argumentiert sie. Ihre Logik: wenn schon weniger Autos in die Stadt fahren sollen, müssten parallel öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) und das Parkleitsystem deutlich verbessert werden. Das sei nicht geschehen. „So wie es jetzt gemacht wird, ist das keine gute Idee“, so Hagmann. Die Händler litten wegen der Konkurrenz im Internet und der Einkaufszentren ohnehin unter einer sinkenden Kundenfrequenz.

Hagmann will zudem beobachtet haben, dass die Kosten für das Anmieten einer Garage in der Innenstadt in diesem Monat deutlich gestiegen seien“, sagt sie. Ein Problem besonders für Beschäftigte im Handel, die in der Innenstadt parken müssen. Und: „Nach meinen Informationen wollen nun auch die meisten Parkhausbetreiber ihre Preise anheben.“ Die Nachfrage bestimme eben den Preis, so Hagmann.

Weniger Autos gleich mehr Aufenthaltsqualität

Citymanagerin Bettina Fuchs hat die Funktion des Sprachrohrs für die Innenstadt. „Bislang haben wir weder positive noch negative Rückmeldungen von den Mitgliedern der Cityinitiative“, sagt Fuchs. Doch auch sie übt Kritik am Vorgehen der Stadt: „Die Alternativen zum Auto müssen sexy und attraktiv sein. Das ist aber nicht der Fall.“ Hier stimmt die Citymanagerin der Chefin des Handelsverbands zu. Eines der Ziele der Stadt will Bettina Fuchs im Gegensatz zu Sabine Hagmann jedoch mittragen. „Die Aufenthaltsqualität in der Stadt wächst natürlich, wenn weniger Autos unterwegs sind“, sagt sie.

Ein weiteres Problem für die Erreichbarkeit der City sehen sowohl Fuchs als auch Hagmann in den vielen Baustellen. „Stuttgart wird zu einem Nadelöhr“, sagt Fuchs. Hagmann fügt an: „Es schadet der Stadt, wenn man unentwegt im Stau steht.“ Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache – noch nie waren so viele Autos in Stuttgart unterwegs. Eine Verkehrszählung ergab, dass 2014 mehr als 826 000 Mal die Markungsgrenze von einem Pkw überquert wurde. Zum Vergleich: Mitte der 1990er Jahre lag dieser Wert noch bei „nur“ rund 700 000 Fahrzeugen

Lediglich 183 kostenlose Parkplätze sind weggefallen

Die Stadtverwaltung vertritt die Ansicht, dass sich in der Innenstadt mit der neuen Regelung kaum etwas verändert habe: „Es sind 183 kostenlose Parkplätze in der City weggefallen“, erklärt Manuela Tennert vom Team Parkraummanagement der Stadt. „Die restlichen rund 1600 öffentlichen Stellplätze sind bereits seit Jahren bewirtschaftet gewesen“, fügt sie hinzu.

Armin Dellnitz ist eine weitere Person, die sich hauptamtlich mit der Attraktivität Stuttgarts befasst. Aus Sicht des Tourismuschefs ist die Idee, die Zahl der Autos in der Stadt zu senken, begrüßenswert: „Natürlich sind Staus, viel Verkehr, schlechte Luftwerte und Lärm keine positiven Rahmenbedingungen.“ Jede Maßnahme, die dem entgegenwirke, sei auch unter touristischen Gesichtspunkten zu begrüßen.

Zur aktuellen Situation sagt Dellnitz: „Ein verbessertes Parkraummanagement ist sicherlich hilfreich. Es ist aber natürlich nicht der große, mutige Schritt, der irgendwann zu gehen ist.“ Die Lösung dürfe nicht darin bestehen, die Zufahrt nach Stuttgart zu erschweren, sagt er. Im Gegenteil müsse der Weg in die Stadt noch angenehmer, attraktiver und schneller werden. Doch müsse dieser Weg ja nicht zwingend mit dem eigenen Auto zurückgelegt werden.