Zum Start unserer Seite Schauplatz vor genau einem Jahr haben wir den Stuttgarter Blog Tea & Twigs vorgestellt. Seitdem hat sich bei den Macherinnen einiges getan – von der Kündigung bis zum Umzug nach London.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Stuttgart - Was für ein Auftritt! Die von der Designerin Denise Amann gestaltete Inneneinrichtung der Tagesbar Condesa am Marienplatz verschmilzt mit der wie immer perfekt gestylten Jasmin Arensmeier zu einem unglaublich schönen Gesamtkunstwerk. Kurz fragt man sich, ob man sich noch in der Stuttgarter Realität befindet oder ob man aus Versehen in eines der Beauty-Videos auf dem Modeblog Tea & Twigs gestolpert ist.

 

Doch das Gespräch mit Jasmin Arensmeier entpuppt sich schnell als angenehm real. Den Modeblog, den Arensmeier (29) gemeinsam mit der 27-jährigen Isabella Meyer betreibt, hatte die Stuttgarter Zeitung zum Start der Seite „Schauplatz“ vor einem Jahr vorgestellt. Seitdem hat sich einiges getan bei den beiden Modebloggerinnen. Arensmeier hat ihren Job bei der Agentur Werbewelt kündigen können, um nun in Vollzeit zu bloggen. Sie war das Gesicht einer deutschlandweiten Peugeot-Kampagne und bloggt seit Kurzem von ihrem neuen Wohnort London aus.

60 000 Abonnenten bei Youtube und 20 000 Twitter-Fans

Der Erfolg des Blogs Tea & Twigs ist exemplarisch für diese Gattung, vor der die klassischen Medien ein wenig Angst haben – oder zumindest Angst haben sollten. An der Hochschule der Medien, der Kaderschmiede für junge medienaffine Menschen in Stuttgart, wollen alle dahin, wo Jasmin Arensmeier schon ist: 20 000 Follower bei Twitter, 27 500 Fans bei Instagram, und den Youtube-Kanal von Tea & Twigs haben fast 60 000 User abonniert. Die Tea & Twigs- Videos haben im Schnitt 10 000 Zuschauer. Je mehr Abonnenten ein Kanal hat, desto mehr Geld kann man über Youtube verdienen, Dazu kommen Werbeeinnahmen und Honorar für Produkte, die von Arensmeier und Meyer auf Tea & Twigs vorstellt werden. Blogger sind längst die neuen Lieblinge der Werbeindustrie.

Der Preis für den Erfolg ist ein gläsernes Leben, das für die User inszeniert wird. Im Gespräch gibt Jasmin Arensmeier Details über diese Inszenierung preis. Kürzlich hatte eine Instagram-Millionärin mit dem Medium Schluss gemacht, weil sie es nicht mehr ausgehalten hatte, für ihre Fotos zu hungern und stundenlang zu posen. Arensmeiers Fotos werden dagegen gerne mal von ihrer Mutter aus Waiblingen geschossen, die sich das Fotografieren selbst beigebracht hat.

Selbst Walnüsse werden bei Tea & Twigs inszeniert

Und dennoch: Die Nähe, die sie suggeriert, kommt die im schlimmsten Fall nicht wie ein Bumerang zurück? „Ich hatte zum Glück erst eine seltsame Begegnung, als ein Mädchen auf einer Party mich wegen meiner Posts wie eine sehr gute Freundin behandelt hat“, sagt Arensmeier, die in Tübingen Allgemeine Rhetorik und Medienwissenschaften studiert hat.

Das gläserne Element beruht übrigens auf Gegenseitigkeit. Dank diverser Tools kennt Arensmeier so ziemlich alle Daten ihrer Nutzer – vom Alter über das Geschlecht bis zum Wohnort. Anscheinend haben ihre Fans bisher zu wenig Walnüsse gegessen. Nur so ist der kuriose Auftrag zu verstehen, den sie kürzlich vom kalifornischen Walnuss-Verband erhalten hatte. In einem Beitrag sollte sie die gesundheitlichen Vorteile des Nuss-Konsums herausstreichen. „Wichtig war, dass die Walnuss selbst im Fokus steht und nicht der Lobby-Verband“, sagt Jasmin Arensmeier lächelnd. In dem Beitrag sollten schöne Nahaufnahmen von Walnüssen zu sehen sein. Also drehte Arensmeier ein Video über selbst gemachte Walnuss-Ravioli. Der Clip hatte innerhalb weniger Tage mehrere Tausend Klicks.