Wer diesen Herbst im Trend liegen will, trägt Erdtöne. In der Laufenmühle bei Welzheim haben die Bewohner der Einrichtung im Zuge eines Kooperationsprojekts die Kollektion von Peter Hahn präsentiert.

Welzheim - Fast fertig für den großen Auftritt: Sonja Mühlthaler sitzt auf einem Sofa in der Teestube der Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Laufenmühle und wirkt ein bisschen nervös. Sie trägt einen grauen Rock, eine weiße Bluse und einen himbeerfarbenen Blazer, der farblich perfekt zu ihrer Brille passt. Auch der Lippenstift und das Rouge, das Selina Masouras Sonja Mühlthaler gerade eben aufgetragen hat, haben den gleichen Farbton. Jetzt sind nur noch die Haare zu frisieren.

 

Die Laufenmühle-Mitarbeiterin Mona Matthias greift zu Kamm und Haarspray und widmet sich Sonja Mühlthalers Frisur. Noch eine halbe Stunde, dann steht die 46-Jährige, die normalerweise im Restaurant Molina im Erfahrungsfeld der Sinne „Eins + Alles“ arbeitet und im ambulant betreuten Wohnen in Welzheim lebt, als Model auf dem Laufsteg und präsentiert Kleidungsstücke des Modeversandhandels Peter Hahn.

Einblick in eine andere Lebenswelt

„Die Laufenmühle-Models zeigen unsere aktuelle Herbstkollektion, die wir auch auf anderen Schauen zeigen“, sagt Manuela Streich, die Ausbildungsleiterin des Unternehmens. Die Vorauswahl und Organisation der Modenschau hätten fünf Auszubildende für Büromanagement und Einzelhandel übernommen. Manuela Streich ist voll des Lobes für das Kooperationsprojekt zwischen ihrer Firma und der Einrichtung für Menschen mit Behinderungen: „Es ermöglicht unseren Auszubildenden einen Blick in eine andere Lebenswelt, den sie sonst nicht haben können. Außerdem ist viel organisatorisches Geschick nötig.“

Die 17-jährige Julia Weinbeer war mit im Team, das für jedes Model farblich abgestimmte Outfits in passenden Größen zusammengestellt hat. Auf Kleiderständern hängen Röcke, Hosen, Kleider, Oberteile und Jacken für Damen und Herren. Was tragen Modebewusste in diesem Herbst? „Erdfarben, Beige und Grau, und Kleidung in Lederoptik“, erzählt Laura Campione.

Anders als Berufsmannequins durften die Models auf Zeit ein Wörtchen mitreden bei der Kleiderauswahl. „Die Herren hatten keine großen Ansprüche und sagen ganz offen, wenn ihnen etwas nicht gefällt“, sagt Julia Weinbeer. Die Damen seien teils anspruchsvoller, aber umso glücklicher, wenn das Outfit am Ende zu ihnen passe: „Da gab es Küsschen und Umarmungen für uns.“

Noch ein bisschen Haarspray

Noch zehn Minuten bis zum Auftritt auf dem roten Teppich. „Wir haben fünf Mal geprobt“, erzählt Selina Masouras – zu Songs, welche die Laufenmühle-Bewohner ausgesucht haben. Mona Matthias greift nochmal zur Haarspray-Dose und bearbeitet Marc Feuchters kurze Haare, bis sie im hippen Stachellook nach allen Seiten stehen und seine Freundin Monika Pollotzek zufrieden nickt: so sieht das gut aus. Dann zückt sie ihr Handy – Zeit für ein Foto!

Anja König, beigefarbenes Oberteil unter einem dunklen Wollponcho, sitzt still daneben und schaut zu. Wenig später läuft sie mit Moritz Widmaier und Thomas Pfund über den roten Teppich. Aus den Boxen dröhnt „Coco Jambo“ von Mr. President. Das Publikum klatscht begeistert. Die Herren ziehen gekonnt ihre Jacken aus, verfallen in lässigen Schlenderschritt, die Jacken über der Schulter. Sonja Mühlthaler hat ihren Auftritt hinter sich. Sie strahlt über das ganze Gesicht. Klar, sagt sie – beim nächsten Mal sei sie wieder mit dabei.