Projektgegner kritisieren den Formelkompromiss zu Stuttgart 21 im Koalitionsvertrag. Projektsprecher Andriof tritt ab.

Stuttgart - Werner Wölfle und Winfried Hermann ist am Montagabend manches erspart geblieben. Weil die beiden ursprünglich als Redner bei der 73. sogenannten Montagsdemo der Stuttgart-21-Gegner vorgesehenen Grünen-Politiker abgesagt hatten, blieb es dem Landesvorsitzenden der Partei, Chris Kühn, die Aufgabe vorbehalten, die Kompromissformel im Koalitionsvertrag mit der SPD zum umstrittenen Bahnprojekt zu rechtfertigen.

 

Dass sich Grüne und SPD auf eine landesweite Volksabstimmung über Stuttgart 21 verständigt haben, gefiel einem Großteil der nach Polizeiangaben rund 1500 Demonstranten nicht. Neben der SPD musste sich auch Kühn Buhrufe, Pfiffe und sogar die Parole vom „Lügenpack“ gefallen lassen. Beifall erntete der Grünen-Parteichef lediglich für seine Versicherung, dass das Projekt nach dem Stresstest und einer aktualisierten Kostenschätzung den von Bahnchef Rüdiger Grube auf maximal 4,5 Milliarden Euro festgesetzten Finanzrahmen sprengen und Landesregierung keinen weiteren Cent beisteuern werde - „egal was kommt“. Axel Wieland vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 drohte der Bahn mit einem „heißen Sommer“, sollte der Bau- und Vergabestopp nicht bis zu dem angekündigten Volksentscheid eingehalten werden. Der Schauspieler und prominente Projektgegner Walter Sittler forderte erneut eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der finanziellen Zuschüsse von Land und Stadt für Stuttgart 21 und den Wegfall des Quorums bei einer möglichen Volksabstimmung: „In einer aufgeklärten Demokratie entscheidet die Mehrheit“.

Unterdessen hat der frühere Regierungspräsident Udo Andriof am Montag wie angekündigt seinen Posten als Sprecher des S-21-Kommunikationsbüros aufgegeben. Im September vergangenen Jahres hatte der Christdemokrat auf Vorschlag von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) gemeinsam mit dem Unternehmer Wolfgang Dietrich als Nachfolger des zurückgetretenen SPD-Landtagsabgeordneten Wolfgang Drexler den Job übernommen – allerdings nach eigenen Angaben von vorn herein zeitlich befristet. Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube dankten Andriof „für seinen selbstlosen Einsatz und sein besonnenes und kompetentes Wirken“ bei den „extrem herausfordenden Aufgaben“. Als alleiniger Projektsprecher fungiert künftig Wolfgang Dietrich, der als Grubes Mann gilt.