Der kroatische Techniker Tomislav Salopek ist vom IS umgebracht worden. Offenbar hatten ihn zunächst Kriminelle in Ägypten entführt und dann an die Extremisten verkauft. Das alarmiert die Politik und die Tourismusbranche.

Kairo - Der IS-Mordfall an dem kroatischen Techniker Tomislav Salopek hat am Freitag eine neue Wende genommen, die einschneidende Folgen für ausländische Arbeitskräfte und Touristen in Ägypten haben könnte. Wie die kroatische Regierung bekanntgab, wurde das Opfer in Kairo offenbar zunächst von Kriminellen entführt und erst Tage später an den Islamischen Staat ausgeliefert, vermutlich verkauft. Kidnapping und Lösegelderpressung sind in Ägypten relativ häufig, treffen vor allem koptische Christen oder Mitglieder reicher einheimischer Familien. Nach der Geiselnahme des Kroaten jedoch könnten Mafiagangs am Nil jetzt dazu übergehen, ähnlich wie in Jemen, Irak und Syrien, aus der Entführung von Ausländern und ihrem Verkauf an Dschihadisten ein lukratives Geschäft zu machen.

 

Ägypten erlebt einen Exodus ausländischer Facharbeiter

Für das Regime von Ex-Feldmarschall Abdel Fattah al-Sisi ist die bestialische IS-Geiselenthauptung ein empfindlicher Rückschlag in dem Bemühen, mehr ausländische Investoren und Touristen an den Nil zu locken. Ägypten erlebt seit Monaten einen Exodus ausländischer Fachkräfte, denen die Lage im Land zu unsicher ist. Mehrere westliche Botschaften erwägen, ihre Reisewarnungen erneut zu verschärfen. „Wir müssen die Sicherheitsvorkehrungen in den Feriengebieten verbessern“, räumte auch ein Vertreter der ägyptischen Tourismuskammer ein. Die französische Compagnie Générale de Géophysique (CGG), bei der Tomislav Salopek beschäftigt war und die in Ägypten nach neuen Gas- und Ölvorkommen sucht, plant, die Zahl ihrer Mitarbeiter zu reduzieren. Der britische Ölmulti BP, der mehrere Tausend Beschäftigte in Ägypten hat, erklärte, man beobachte die Entwicklung sehr genau.

Viele westliche Botschaften verstärken gerade ihre Außenmauern und installieren Metallsperren auf den Bürgersteigen, um das Parken von Autos zu verhindern. Die deutsche Vertretung auf der Insel Zamalek wird demnächst mit einer massiven Sprengschutzmauer umgeben, wie sie bereits die Botschaften im Jemen und im Irak besitzen. Sicherheitsexperten rätseln, ob der ermordete Kroate Salopek ein Zufallsopfer war oder gezielt ausgesucht wurde, weil er in der Öl- und Gasbranche arbeitete. Nach Angaben seiner Firma befand er sich am 22. Juli auf dem Weg zum Kairoer Flughafen, um in Urlaub zu fahren, als vermummte Bewaffnete seinen Dienstwagen stoppten und den 30-jährigen Vater zweier Kinder in einen weißen Minivan zerrten. Den ägyptischen Fahrer ließen sie entkommen. Dieser sagte aus, die Täter hätten Arabisch mit beduinischem Akzent gesprochen.

Das Opfer wird in einem Video gedemütigt

Acht Tage später forderten die Kidnapper in einer anonymen Mail an die Firma des Opfers Lösegeld. Man habe die Mail mehrmals beantwortet, ein Lebenszeichen des Entführten verlangt und eine Kontakt-Telefonnummer übermittelt, jedoch von den Tätern nichts mehr gehört, sagte der CGG-Sprecher Christophe Barnini. Zwei Wochen später tauchte Salopek plötzlich im Internet in einem IS-Drohvideo auf. Der gefesselte Gefangene kniete im Wüstensand und musste eine Erklärung verlesen, in der er seine Hinrichtung durch den Islamischen Staat ankündigte falls die ägyptische Regierung innerhalb der nächsten 48 Stunden nicht „muslimische Frauen“ aus den Gefängnissen freilasse.