Dem beschuldigten rumänischen Kraftfahrer wird besonders schwere Vergewaltigung und Mord zur Vertuschung einer Straftat vorgeworfen.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Endingen/Freiburg - Vor dem Landgericht in Freiburg hat der Prozess gegen einen rumänischen Kraftfahrer begonnen, dem vorgeworfen wird, am 6. November 2016 im südbadischen Endingen am Kaiserstuhl die 27 Jahre alte Carolin G. vergewaltigt und umgebracht zu haben. Ähnlich wie in dem ebenfalls zurzeit laufenden anderen Mordprozess gegen Hussein K. vor dem gleichen Gericht wurden Besucher und Medienvertreter am Eingang kontrolliert, das Publikumsinteresse war zum Prozessauftakt jedoch wesentlich geringer. Der 40-jährige Angeklagte wurde an Händen und Füßen gefesselt in den Gerichtssaal geführt. Er bestätigte gegenüber der Kammervorsitzenden Eva Kleine-Cosack die Angaben zu seiner Person und kündigte über den Dolmetscher eine Erklärung an. Als Nebenkläger waren die Eltern und der Bruder von Caroline G. sowie der Witwer im Gerichtssaal vertreten.

 

Staatsanwaltschaft will auch Sicherungsverwahrung

Auf der Anklagebank zwischen dem Anwalt und einem Dolmetscher zeigte Catalin C. kaum Regungen, sein Blick blieb starr auf die Tischplatte gerichtet, als der Staatsanwalt die Anklage verlas. Der Angeklagte habe, so Tomas Orschitt, die arglose Joggerin am Nachmittag des 6. November 2017 in einem Waldgebiet bei Endingen angegriffen, bis zur Bewußtlosigkeit gewürgt, sie in den Wald gezerrt und sich dann an ihr „zur Befriedigung seines Geschlechtstriebs“ vergangen. Danach habe er die Bewußtlose noch weiter geschleift und ihr mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf geschlagen. Dies sei eine besonders schwere Vergewaltigung und ein Mord zur Vertuschung einer Straftat gewesen. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb einen Vorbehalt für eine mögliche Sicherungsverwahrung angemeldet.

Catalin C. gestehe, dass er Caroline G. getötet habe, begann sein Verteidiger Klaus Maleck das mit seinem Mandanten gemeinsam formulierte Geständnis: „Was ich getan habe, tut mir unendlich leid. Ich stehe fassungslos vor dem, was geschehen ist, als wäre es die Tat einer anderen Person, aber ich weiß, dass ich es getan habe.“ Er habe an diesem Tag einen Spaziergang gemacht, über sein Leben sinniert und dabei fast eine Dreiviertelliterflasche Obstwasser getrunken. Die Joggerin sei plötzlich erschienen und habe ihn etwas gefragt, aber er habe es nicht verstanden. Aus einer plötzlichen ‚Aggression heraus habe er ihr die Schnapsflasche auf den Kopf geschlagen. „Warum, kann ich nicht mehr sagen. Ich glaube, dass die Frau gleich tot war. Mein Verteidiger und der Sachverständige haben mir gesagt, dass es zu sexuellen Handlungen kam, aber daran kann ich mich nicht erinnern.“

Dieselbe Verteidungstrategie wie im Mordfall Maria L.

Damit war die Verteidigungsstrategie offen gelegt: Die Tat könnte so als Totschlag im Affekt, aber nicht als Mord gesehen werden. Und eine Vergewaltigung an einer Toten ist rechtlich nicht möglich, es wäre lediglich eine Störung der Totenruhe. Dieselbe Sichtweise hat auch der mutmaßliche Mörder von Maria L. in Freiburg in seinem Geständnis vorgetragen. Inwieweit das Schwurgericht dieser Darstellung folgt, wird die weitere Beweisaufnahme zeigen. Schon beim Vortrag des psychiatrischen Sachverständigen Peter Winckler aus Tübingen zeigten sich erste Fragezeichen. Der forensische Experte hatte den Untersuchungshäftling in Schwäbisch Hall befragt. „Eine sehr mühevolle Angelegenheit,“ betonte Winckler, „man musste ihm jedes Wort aus der Nase ziehen.“ Catalin C. war erst im Herbst dieses Jahres, also fast ein Jahr nach der Tat, bereit gewesen, darüber zu sprechen.

Angeklagter kommt aus schwierigen Verhältnissen

Dabei offenbarte sich eine komplizierte, teils leidvolle Geschichte eines Sprößlings aus einer zerrütteten Familie, dessen Eltern Alkoholiker waren. Nur die Großmutter sei nett zu ihm gewesen, hat Catalin C. dem Gutachter erzählt. Immerhin hat der Junge Abitur gemacht, Kfz-Mechaniker gelernt und dann als Kraftfahrer gearbeitet. Er hat auch geheiratet, doch drei Jahre nach der Hochzeit (2002) kam es in Rumänien zu einer Gewalttat. Cathalin C. verletzte eine Prostituierte schwer mit Messerstichen, es sei um Geld gegangen, das man ihm habe stehlen wollen, sagt er. Doch das Verfahren wurde eingestellt.

Cathalins Stiefschwester bewog ihn 2005 dann, nach Deutschland zu kommen, und vermittelte ihn an eine Spedition in Endingen. Der Versuch, seine Frau und die drei Kinder nachzuholen, scheiterte an der Wohnungssuche, die fehlschlug. Zeitweise lebte Cathalin C. im Laster der Endinger Spedition, den Arbeitgeber habe das nicht gestört. Auf der Arbeit habe er nicht getrunken, betonte der Fernfahrer, an Wochenenden schon, Alkohol sei für ihn das Mittel gegen seine Einsamkeit gewesen. Bis zu drei Liter Wein täglich habe er konsumiert.

Keine Aussage zu Mord in Kufstein

Keine Aussagen machte Cathalin C. über den ihm ebenfalls angelasteten Mord an einer französischen Studentin im Jahr 2014 im österreichischen Kufstein. Über die identischen DNA-Spuren hatte die Freiburger Polizei den Tatverdächtigen dingfest gemacht. Lediglich ausweichende Antwort bekam der Psychiater auf Fragen nach möglichen Sexualproblemen, die sich aus dem Mailverkehr mit Cathalins Frau und dessen Stiefschwester andeuten. Den Vorwurf, seine Frau habe ihn als impotent und „Schlappschwanz“ bezeichnet, wies der Rumäne zurück. Dass bei ihm eine App für Sex-Datings und ein Beipackzettel für ein Mittel gegen Impotenz gefunden wurde, sei ihm unerklärlich.

Kriminalhauptkommissar Christian Bender schilderte in allen Einzelheiten wie über den Abgleich von Maut-Daten sich die Schlinge immer enger zog um Cathalin C., der sich am 3. Juni 2017 widerstandslos festnehmen ließ. Ein Urteil soll noch vor Weihnachten ergehen. Insgesamt sind sieben weitere Verhandlungstage angesetzt.