Für die Staatsanwältin ist es ein klarer Mord gewesen. Der 54-jährige Mann, der seine Exfreundin Anfang Februar im Göppinger Rubensweg mit Benzin übergossen und angezündet haben soll, soll deshalb lebenslang hinter Gitter. Der Verteidiger schildert jedoch einen anderen Tatablauf.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen/Ulm - Der 54-jährige Angeklagte, der am 1. Februar dieses Jahres im Göppinger Rubensweg seine ehemalige Lebensgefährtin mit Benzin übergossen und angezündet haben soll, soll lebenslang ins Gefängnis. Das hat die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer vor dem Ulmer Landgericht gefordert. Grausam, heimtückisch und aus niederen Beweggründen habe der Mann seine Tat begangen. Dies stehe nach der Hauptverhandlung zweifelsfrei fest.

 

Auch der Anwalt der Nebenklage, der die erwachsenen Töchter des 46-jährigen Opfers vertritt, sprach von einem minutenlangen qualvollen Todeskampf und bezog sich dabei auf die Erkenntnisse der Gerichtsmedizin. „Das Opfer ist bei lebendigem Leib verbrannt.“ 60 Prozent der Körperoberfläche hätten Brandverletzungen vierten Grades aufgewiesen. Der Täter habe nur an sein „gekränktes narzisstisches Ego“ gedacht. Sowohl die Staatsanwältin als auch der Nebenklagevertreter erkannten darin ein Muster. Schließlich habe der Mann schon seine Exfrau und frühere Lebensgefährtinnen nach der jeweiligen Trennung massiv bedroht. „Sobald Sie eine Frau verlassen hat, drangsalieren und terrorisieren Sie sie bis zum Gehtnichtmehr“, sagte der Rechtsbeistand der Töchter.

Einblick in die Gefühlswelt per SMS

Während des gesamten Prozesses hatte sich der Angeklagten nicht zur Sache geäußert. Allerdings geben die Protokolle seiner Konversation per SMS und Whatsapp mit Bekannten und dem Opfer einen aufschlussreichen Einblick in seine Gefühlswelt in den vier Wochen zwischen der Trennung und dem mutmaßlichen Mord. „Der Stachel sitzt tief und hat Widerhaken“, schrieb er an eine Freundin. Er fühle „Flammen des Hasses“, sei völlig neben der Spur. Die Frau, mit der er ein Jahr zusammen gewesen war, sei eine Schlampe. Sie habe ihn belogen und betrogen.

Auch der psychiatrische Gutachter hatte erklärt, er halte den Angeklagten weiterhin für eine Gefahr. Weil die Vorstrafen bereits bis zu 25 Jahre zurückliegen, kann das Gericht aber aus rechtlichen Gründen eine anschließende Sicherungsverwahrung nicht gleich festschreiben. Es solle dies zumindest vorbehaltlich anordnen, forderte die Staatsanwältin. Sollte dem Angeklagten nach frühestens 15 Jahren der Rest seiner Strafe wegen guter Führung erlassen werden, müsste damit von einem Gericht zunächst geprüft werden, ob der Mann zum Schutz der Allgemeinheit im Gefängnis bleiben muss.

Drei Tage im Christophsbad versteckt

Es stehe außer Frage, dass sein Mandant für die Tat „moralisch und rechtlich“ verantwortlich sei, räumte der Verteidiger Rudi Mannl ein. Das Auto des Mannes war verbrannt am Tatort zurückgeblieben, ebenso sein Rucksack und seine angesengte Jacke. Als er drei Tage später im Göppinger Stadtgebiet festgenommen wurde – er hatte sich im Bereich des Christophsbads versteckt –, wies seine linke Hand Brandverletzungen auf. An zwei mit E-10-Benzin gefüllten Weißherbstflaschen – dem Lieblingswein des Opfers –, die am Tatort sichergestellt worden waren, konnte die Kriminaltechnik DNA-Material sicher stellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es von jemand anderem als dem Angeklagten stammt, liegt bei eins zu zehn Trilliarden.

Auch die Darstellung der krankhaften Eifersucht des Angeklagten sei richtig. Dennoch könne sich die Tat auch ganz anders abgespielt haben, sagte Mannl. Mehrfach habe der Mann per SMS Selbstmordgedanken geäußert. Vielleicht habe er sich an diesem Abend vor den Augen der Frau umbringen wollen. Vielleicht sollte auch dies nur eine Inszenierung sein, um sie zurückzubekommen, sagte Mannl. Er plädierte auf Totschlag und stellte die Höhe der Strafe ins Ermessen des Gerichts. Maximal möglich wären in diesem Fall 15 Jahre Haft. Die Kammer des Gerichts wird ihr Urteil am kommenden Freitag sprechen.