Ein Mann, seine Frau und sein Sohn müssen ins Gefängnis, weil sie drei Töchter der Familie und die Ex-Frau des Mannes getötet haben.

Kingston - Einer der spektakulärsten Mordprozesse in Kanadas Geschichte ist mit einem vierfachen Schuldspruch und lebenslanger Haft für die Angeklagten zu Ende gegangen. Ein aus Afghanistan stammendes Familienoberhaupt, seine Frau und ein Sohn wurden schuldig befunden, drei Töchter der Familie und die erste Frau des Vaters im Rideau-Kanal bei Kingston ertränkt zu haben. Es sei schwer, sich ein "abscheulicheres, frevelhafteres Verbrechen vorzustellen", sagte der Richter, als er das Urteil vortrug.

 

Der Mordfall war in Kanadas Justizgeschichte einzigartig. Zainab, Sahar und Geeti, die 19, 17 und 13 Jahre alten Schwestern, waren im Juni 2009 ertrunken in ihrem Auto in einer Schleuse des Rideau-Kanals gefunden worden. Mit ihnen starb die 53-jährige Rona Amir. Sie war die erste Frau des Patriarchen Mohammad Shafia. Weil Rona keine Kinder bekommen konnte, hatte Shafia 1989 eine zweite Frau geheiratet, Tooba. Allerdings blieb Rona als "Nebenfrau" in der Familie. Mit Tooba hatte Mohammad Shafia sieben Kinder.

Die Shafia-Familie floh 1992 aus Afghanistan und kam mit ihren sieben Kindern nach Aufenthalten in Pakistan, Australien und Dubai 2007 nach Kanada. Die drei Mädchen mussten, wie der Richter nach dem einhelligen Spruch der Geschworenen erklärte, sterben, weil sie sich nicht dem Vater, der die Familie mit eiserner Faust regierte, beugen wollten. Sie wollten seinen traditionellen afghanischen Werten nicht folgen. Gegen den Willen des Vaters gingen Zainab und Sahar heimlich mit Jungen aus, hatten Freunde und kleideten sich modisch - ohne Kopftuch.

"Ich bin keine Mörderin, ich bin eine Mutter"

Die wohlhabende Familie lebte in Montreal, wo Shafia mit gebrauchten Autos handelte. Mit zwei Autos unternahm sie Ende Juni 2009 einen Ausflug an die Niagara-Fälle und übernachtete auf dem Rückweg in Kingston. Am nächsten Tag, dem 30. Juni, meldeten die Eltern die vier Frauen als vermisst. Kurz darauf wurde das Auto mit den Leichen im Kanal entdeckt.

Die Eltern sagten aus, vielleicht habe Zanaib, die sie als "rebellische junge Frau" beschrieben und die keinen Führerschein hatte, das Auto bei einem nächtlichen Ausflug in den Kanal gefahren. Aber schnell kam der Verdacht auf, dass es sich um Morde handeln könnte. Laut der Beweisaufnahme und nach der Überzeugung des Gerichts schoben die Eltern und der heute 21-jährige Sohn mit ihrem Wagen das Auto mit den vier Frauen in den Kanal.

Alle Angeklagten beteuerten bis zuletzt ihre Unschuld. "Ich bin keine Mörderin, ich bin eine Mutter", sagte Tooba, bevor sie, ihr Mann und ihr Sohn in Handschellen abgeführt wurden. Das Urteil bedeutet automatisch lebenslange Haft. Eine Begnadigung ist frühestens nach 25 Jahren möglich.