Es gibt erdrückende Beweise gegen die Terrorgruppe, zu der wohl noch ein vierter Mann gehört: Holger G. soll die Autos beschafft haben.  

Berlin/Karlsruhe - Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen Mitglieder der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) haben Fortschritte gemacht. Noch am Freitag sprach die Behörde im Zusammenhang mit der bereits in Haft befindlichen Beate Zschäpe von dem "Anfangsverdacht" einer Terrorgruppe. Am Sonntag, bei der Festnahme eines weiteren mutmaßlichen Terroristen, dem 37-jährigen Holger G., spricht die Bundesanwaltschaft bereits von einem "dringenden Tatverdacht" der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung.

 

Damit bestätigt die Behörde indirekt, dass es erdrückende Beweise gegen die Terrorgruppe geben muss, der nach bisherigen Ermittlungen vier Personen angehört haben: Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die vergangene Woche Selbstmord begingen, als Polizisten sich ihnen näherten, die 36-jährige Beate Zschäpe und Holger G., der mit seiner Familie bei Hannover lebte.

Offiziell bekannt war bereits seit Tagen, dass bei Böhnhardt und Mundlos sowie in der Zwickauer Wohnung, die sie gemeinsam mit Zschäpe bewohnt hatten, die Waffen gefunden worden waren, mit denen eine Heilbronner Polizistin sowie acht türkischstämmige und ein griechischer Kleinunternehmer ermordet worden waren. Nach übereinstimmenden Berichten mehrerer Medien wurden in der Wohnung darüber hinaus DVDs gefunden, auf denen sich das Trio der Morde an den Kleinunternehmern und darüber hinaus noch des Nagelbombenanschlags auf Türken in Köln im Jahre 2004 bezichtigte. In Köln waren 22 Menschen schwer verletzt worden.

"Aus Rechtsextremisten sind Terroristen geworden"

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hatte Holger G. seit den 1990er Jahren Kontakt mit den anderen Mitgliedern der Terrorgruppe. Er habe deren fremdenfeindliche Einstellungen geteilt und sei in dieselben rechtsextremistischen Kreise eingebunden gewesen. G. habe der Zwickauer Gruppe 2007 seinen Führerschein und erst vor vier Monaten auch seinen Reisepass zur Verfügung gestellt. Zudem habe er mehrfach Wohnmobile für die Gruppe angemietet. Eines dieser Fahrzeuge sei bei dem Mordanschlag auf die Heilbronner Polizistin genutzt worden. Ob er an den Morden auch direkt beteiligt war, wird gegenwärtig geprüft. Am Sonntag wurde G.s Wohnung durchsucht. Holger G. gehörte wie Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in den neunziger Jahren einer kleinen Untergruppe des Rechtsextremen "Thüringer Heimatschutzes" an. In einem Bericht des Thüringer Verfassungsschutzes heißt es, mehrere Aktivisten des "Heimatschutzes" seien Mitglieder der NPD und der Jungen Nationaldemokraten gewesen. Ein führendes Mitglied des "Heimatschutzes" soll auch Informant des Verfassungsschutzes gewesen sein.

Die Gruppe erregte in Jena schon 1997 Aufsehen, als sie vor dem Theater eine Bombenattrappe mit Hakenkreuz abstellte. 1998 tauchten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe unter, als in einer ihnen gehörenden Garage eine funktionsfähige Bombe mit Sprengstoff gefunden wurde. Bis heute hält sich der Verdacht, dass sie gewarnt worden waren. Die "Bild"-Zeitung berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, in der Zwickauer Wohnung seien "legale illegale Papiere" gefunden worden. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, wird mit den Worten zitiert: "Solche Papiere erhalten im Regelfall nur verdeckte Ermittler, die im Auftrag des Nachrichtendienstes arbeiten und vom Nachrichtendienst geführt werden."

Die neun Morde, die an verschiedenen Orten an Kleingewerbetreibenden verübt wurden, begannen im Jahr 2000 und endeten 2006. Inzwischen werden bundesweit alle bisher nicht aufgeklärten Gewalttaten überprüft, die einen rechtsextremen Hintergrund haben können. Dazu zählt auch der Bombenanschlag in einer Düsseldorfer S-Bahn-Station, bei dem 2000 neun Osteuropäer, darunter sechs Juden, verletzt worden waren.