Morgens, wenn die meisten Studenten wohl noch schlafen, treffen sich ein paar von ihnen zur Andacht in der Steckfeldkirche. Seit 30 Jahren schätzen die Akademiker aus aller Herren Länder das Beisammensein im Morgengrauen.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Steckfeld - Die ersten Sonnenstrahlen tasten sich durch die Fenster der Steckfeldkirche. Draußen zwitschern die Vögel, drinnen herrscht andächtige Stille. Es ist buchstäblich ein kleiner Kreis, der sich um eine einzelne Kerze versammelt hat. Fünf Studenten und zwei Geistliche nutzen den Donnerstagmorgen zur Besinnung. Sie singen gemeinsam: „Manchmal feiern wir mitten im Tun ein Fest der Auferstehung. Sperren werden übersprungen, und ein Geist ist da“ – und tatsächlich kommen sie sich in der Kirche nicht verloren vor. Sie sitzen eng beisammen und sind sich auch innerlich nah. Und das, obwohl sie aus Schwaben, der Pfalz, Chile, Pakistan und Guatemala kommen.

 

Nach der Andacht folgt das Frühstück

Seit mindestens 30 Jahren kommen donnerstags, um sieben Uhr morgens, Studenten zur Andacht der ökumenischen Hochschulgemeinde Hohenheim. Heute hat der evangelische Hochschulseelsorger Matthias Burger die Leitung. Es ist kühl in der Kirche, daher sitzt er im blauen Anorak neben seinem katholischen Kollegen Odilo Metzler. Burger beginnt ein Gebet, dessen Strophen die Gruppe reihum vorliest. Als einer der ausländischen Studenten dabei kurz ins Stocken gerät, helfen ihm die anderen. Nach etwa 20 Minuten steht die Runde auf, es geht zum gemeinsamen Frühstück. Es gibt Fair-Trade-Kaffee und Laugenweckle.

Die Gemeinschaft – das ist es, was die meisten Besucher herlockt. „Wir hatten durchaus schon 15 Besucher bei der Studentenandacht“, erzählt Odilo Metzler. „Das ist aber eher die Ausnahme. In ganz schweren Zeiten waren nur drei Leute da. Aber das war es uns trotzdem wert.“ Denn die wöchentliche Zusammenkunft sei für die Kirche eine gute Gelegenheit, um bei den jungen Menschen präsent zu bleiben.

Das Pakistani gehört daheim zu einer winzigen Minderheit

Vor allem internationale Studierende nehmen das Angebot gerne an. Beispielsweise der 29-jährige Ashir Masroor, der in seiner Heimat Pakistan als Christ zu einer winzigen Minderheit gehört. In die Steckfeldkirche kommt er recht oft: „Ich bin schon ein alter Hase“, sagt er und lacht.

„Hohenheim ist eine Pendleruni. Studenten aus dem Ausland wohnen eher in der näheren Umgebung. Bei uns können sie gut Kontakte knüpfen“, sagt Matthias Burger. Die Andacht findet zu früher Stunde statt, der Klischeestudent ist dagegen eher ein Langschläfer – passt das zusammen? „Der Gottesdienst morgens hat seine ganz eigene Stimmung. Beim Frühstück kommt man auch viel besser ins Gespräch“, sagt Odilo Metzler. Und zudem kämen manche Studenten, die es um 7 Uhr nicht schafften, dann eben zur Seniorenandacht am Mittag.

Die Geistlichen kümmern sich um Nöte der Studenten

Die 20-jährige Lydia Kienbaum ist früh aufgestanden. „Es ist richtig schön, wenn es draußen immer heller wird, während man in der Kirche singt. Und auch die Gemeinschaft hier ist echt gut“, sagt die Studentin der Agrarwissenschaften.

Als Hochschulseelsorger kümmern sich die beiden Geistlichen Metzler und Burger um die Nöte der Hohenheimer Studenten. Manche suchen das Gespräch, weil sie überlegen, das Studium abzubrechen, andere haben finanzielle Sorgen. Die ökumenische Hochschulgemeinde betreibt auch ein Wohnheim, in dem circa 20 Studierende aus aller Herren Länder unterkommen. Denn für Ausländer ist die Wohnungssuche besonders schwierig. „Bei uns darf jeder wohnen, der sich in der Gemeinschaft engagiert“, sagt Metzler. Etwa beim Verkauf am Eine-Welt-Ständchen oder bei Hausmeistertätigkeiten. Der Glaube sei aber kein Auswahlkriterium.

Am Frühstückstisch hat einer eine Frage zum Gebetstext, ein anderer erzählt aus der Heimat, die Themen gehen der gemischten Gruppe nicht aus. Nach und nach verabschieden sich die Studenten zu ihren Vorlesungen – bis zum nächsten Donnerstag.