Die Aktion mit Grafitti und Street Art im Stuttgarter Mos Eisley wird zu einem bunten Happening der Akteure.

S-Mitte - Die Dame aus New York wollte mal sehen, was ihr Neffe – der Sprayer – hier denn macht. Also hat Karin Ewald am Samstag dem Mos Eisley an der Fritz-Elsas-Straße einen Besuch abgestattet – und fühlt sich nun „ein bisschen wie zuhause“. Das Empire State Building, die schräg coupierte „Citicorp“ in der Silhouette, Sneaker an der Telefonleitung baumelnd, Hinterhof-Atmosphäre à la Manhattan: Das Grafitti-Wandgemälde im „Oberstübchen“, von Maximilian Frank geschaffen, weckt die Begeisterung der 80-Jährigen: „Ich kenne so etwas ja, und jetzt habt ihr hier in Stuttgart auch ein Stück New York.“

 

Wobei sich ihre Begeisterung zum Ritterschlag für die Sprayer-Aktion insgesamt auswächst, bei der am Samstag zehn hiesige Grafitti-Maler Wände und Türen der Lokalität mit ihren Bildwerken versehen haben. „So etwas gefällt mir. Graffiti macht Kontraste sichtbar, ist Gegenstück zur glatten und geschleckten Konsum- und Kommerz-Welt. Das hier ist nicht nur Deko, das ist ein Statement und ein Lebensgefühl.“

Die Szene im Handumdrehen gewonnen

Das ist Musik in den Ohren von Elena Haller, der Architektin, die im Mos Eisley die Events organisiert: „Wir hatten wilde Schmiererei, vor allem an Türen. Dem wollen wir durch wertige, akzeptierte künstlerische Arbeiten vorbeugen. Sanieren durch legale Grafitti“, nennt sie das – und Frank hat die Szene im Handumdrehen dafür gewonnen. Die einzige Vorgabe ist laut Haller: „Es sollten keine politischen oder sonst wie krassen Sachen sein, die anstößig sind oder polarisieren.“

Aber Stefanie Schäffler ist als Lehrerin für Kunst und Mathematik Ästhetin. Hier spielt sie mit dem Namen der Restauration, die wie eine Star-Wars-Stadt heißt, schmuggelt den Fernsehturm ins intergalaktische Panorama, stattet Prinzessin Leia statt mit Laserknarre mit Spraydose am Gürtel aus: So also geht Recht und Ordnung! Mit fast surrealer Feinmalerei, das Logo der „Rebel Alliance“ am Helm versteckt.

Einer aber rebelliert hier richtig, will keinesfalls erkannt und genannt werden, haut im Flur in zwei Stunden sein Ding hin, und Zack, ist er weg! Und (fast) keiner weiß, wer hinter dem „Tag“ – der Signatur – steckt. Seine dunkle Phase lebt auch Chris Hailfinger aus, mit dem locker hingesprühten Bösewicht Darth Vader. Grafitti wie am Anfang, klassische Buchstabenmalerei, machen Frank und Pein: großflächig, in grellen Farben und Kontrasten. Die Härte dieser männlich geprägten Bildsprache transformiert Anastasia „Chazy“ aus Moskau mit soften Farben ins Feminine: „Frauen können das auch!“ Und das auch in der Form, wie Theresa einen „abgespaceten Kalmar“ spachtelt, sprayt, malt.

Lange um Respekt und Anerkennung gekämpft

Max Urban, der Doktorand der Nanotechnik, ziseliert aus der Form laufende Gesichter und ballt sie in einem wilden Geschlängel. Der Legal-Maler mag „total unlogische und absurde Sachen als Ausgleich“ und ist „immer dabei, wenn was geht“. Wie auch Astor, der jetzt mal „was Florales“ macht. David Braschler, die Hartfaserplatte im exakten Türformat an die Platane gelehnt, hat lange um Respekt und Anerkennung gekämpft. Jetzt freut er sich, „dass wir hier was zusammen machen und sichtbar werden“. Für Aufmerksamkeit sorgt auch der mega-flinke Impro-Rapper Toba.

In der Sonne sind die Tische gut besetzt, Kindern wuseln herum, Hunde suchen Schatten. Und die Stunden fließen nur dahin bei diesem lässigen Happening der Street Art und Sprayer-Kunst. Ein Happen New York also an der Fritz-Elsass-Straße.