Nach zwei Lehrjahren in der Moto-2-Klasse fühlt sich der Italo-Schwabe Sandro Cortese vor dem ersten Saisonrennen am Sonntag in Katar bereit für den großen Erfolg.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Der Motorradrennfahrer Sandro Cortese fühlt sich bereit für den Thron. Darauf lässt ein Foto schließen, das er vor dem WM-Auftakt am Sonntag im Wüstenstaat Katar auf seine Internetseite gestellt hat. Da posiert er im feudalen Speisesaal eines Schlosses und zeigt sein Lausbubenlächeln. Der graue Kapuzenpulli passt zwar nicht einwandfrei zur Kulisse, aber er bestätigt, was man von dem Deutschen italienischer Herkunft aus Berkheim bei Ochsenhausen so weiß: er ist ein geerdeter Bursche vom Land, der sich nur mal kurz auf Stippvisite in den Gefilden des alten Hochadels befindet.

 

Cortese ist ein aufgeweckter junger Mann, des Schwäbischen mächtig, er selbst nennt sich einen Italo-Schwaben. Und in diesem Jahr sieht er die Zeit gekommen, um in der Moto-2-Klasse mal ordentlich Gas zu geben. 2012 wurde er in der kleinsten WM-Kategorie mit den 125-Kubikzentimeter-Maschinen Weltmeister, was ihm auch erst den Aufstieg in die zweithöchste Klasse bescherte. Doch in dieser fährt er seit zwei Jahren mehr oder weniger erfolgreich mit. 2013 wurde er 20. der Gesamtwertung, 2014 Neunter. Dieser klar aufsteigenden Tendenz entsprechend müsste in dieser Saison also ein Platz unter den ersten Drei für ihn herausspringen. Anders formuliert: am besten wäre der Titel.

Sandro Cortese plant den Vollangriff im Kampf um die Krone. „Ich bin mega-happy, dass es endlich losgeht, und ich möchte ums Podest kämpfen – am besten das ganze Jahr über“, sagt der inzwischen auch schon 25 Jahre alte Pilot. Den ersten Schritt möchte er schon am Sonntag in Katar machen, wo er im vergangenen Jahr fast die Pole Position geholt hätte. Die Strecke, sie liegt ihm also.

Bereit für den großen Coup

Der Deutsche fährt nun im dritten Jahr für das Allgäuer Dynavolt-Intact-GP-Team, sein Motorrad ist eine Kalex. Hinter diesem Namen verbirgt sich ein Tuner aus Bobingen, der um den Honda-Einheitsmotor in der Moto-2-Klasse eine echte Rennmaschine baut. Die vergangenen Jahre gaben das Team und den Fahrer richtig zusammengeschweißt, ein Rad greift in das andere – nun fühlt sich die Gemeinschaft bereit für den großen Erfolg. Doch einfach wird das nicht.

Es gibt da ja noch die anderen Piloten – vor allem Cortese weiß das. So hat er sich in den vergangenen beiden Jahren vor allem über die hohe Leistungsdichte in der Moto-2-Klasse gewundert. „Die ersten 20 können an einem guten Tag aufs Podium fahren oder sogar gewinnen“, sagt er, denn es würde jeder kleine Fehler übel bestraft. Deshalb sei es besonders wichtig, schon von der ersten Rennrunde an 110 Prozent zu geben. Denn wer sich erst einmal gemütlich in das Rennen reintasten will, der hat schon verloren.

Genau das war auch öfter das große Problem von Sandro Cortese, der in einige Rennen etwas zögerlich startete. Der Grund in 2014 war: Gleich beim Saisonauftakt in Katar warf ihn eine Verletzung zurück. Der Rennfahrer brach sich das Fersenbein und war danach lange Zeit nicht mehr der Alte. „Ich bin einfach nicht mehr auf die Beine gekommen“.

Bradl steht unter Erfolgsdruck

Das soll ihm in diesem Jahr nicht passieren – und das Ziel ist klar: nur wer in der Moto-2-Kategorie ganz weit vorne landet, bekommt auch den Zuschlag für ein Motorrad in der Königsklasse Moto-GP. Dort startet Corteses Landsmann Stefan Bradl am Sonntag in seine vierte Saison.

In den vergangenen drei Jahren erreichte Bradl die Gesamtwertungsplätze acht, sieben und neun. Dass es diesmal wieder eine einstellige Platzierung für den Bayern gibt, ist allerdings fraglich. Ein neues Team, ein neues Motorrad – Stefan Bradl ist im Hinblick auf seine tatsächliche Leistungsfähigkeit verunsichert. „Es weiß keiner im Feld, wo er wirklich steht. Ich auch nicht. Ein paar Testtage waren super, ein paar katastrophal“, sagt der 25-Jährige, der seine Ansprüche deutlich nach unten schrauben musste.

Nach drei Jahren im LCR-Honda-Team wurde sein Vertrag nicht mehr verlängert. Bei Athina Forward Racing fährt er jetzt keine Werksmaschine mehr, sondern in der „Open-Kategorie“ nur noch eine Yamaha, die nicht mehr auf dem neuesten Stand ist. Damit braucht man von einem Platz auf dem Thron erst gar nicht zu träumen.