Bei einem Symposium in Stuttgart diskutieren Ingenieure über die Kombination von Verbrennungsmotoren und Elektroaggregaten. Damit lässt sich der Spritverbrauch deutlich senken.

Stuttgart - Das Stimmungsbild in der deutschen Autobranche hat sich ein weiteres Mal komplett gewandelt. Diesmal zum Positiven. Herrschte vor einigen Jahren noch gedrückte Stimmung wegen der wirtschaftlichen Talfahrt und Absatzkrise und trieben die Forderung von Politik und Gesellschaft nach dem Elektroauto den Strategen der Konzerne und Mittelständler die Sorgenfalten auf die Stirn, so stehen die Zeichen derzeit auf Optimismus. Das zeigte das 13. Internationale Stuttgarter Symposium zur Automobil- und Motorentechnik, auf dem rund 800 Teilnehmer, meist Forscher und Entwickler, zusammentrafen. Die Ingenieure blicken wieder zuversichtlich auf ihre Arbeit – dank der Perspektive, dass die Zukunft des Autos elektrisch ist, aber im Verbrennungsmotor noch viel Potenzial steckt.

 

Für die Unternehmen ist das ein Kraftakt, da sie in unterschiedliche Technologien gleichzeitig investieren müssen: vom Verbrennungsmotor über den Hybridmotor in diversen Ausführungen bis hin zum rein elektrisch angetriebenen Fahrzeug, dem mitunter noch ein sogenannter Range-Extender spendiert wird, also ein kleiner Verbrennungsmotor, der die Batterien lädt und so die Reichweite verlängert. „Für uns Forscher ist das paradiesisch“, erklärt Michael Bargende, Motorenforscher an der Uni Stuttgart und Vorstand des Forschungsinstituts für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS). Es gebe viel zu tun und zu forschen. Das Symposium des FKFS zeigte denn auch, dass die Forscher ihre Hausaufgaben gemacht haben. Es war faszinierend zu sehen, an wie vielen Stellgrößen die Ingenieure drehen können, um den Spritverbrauch und damit die CO2-Emissionen zu senken.

Immer höherer Einspritzdruck

Beim Diesel geht der Trend weiterhin zu höheren Drücken. Aktuell liegen die Einspritzdrücke bei 1800 bar. Das Unternehmen Bosch peilt laut Jürgen Hammer über die Drücke von 2500 bar hinaus bald die Marke von 3000 bar an. Mit dem höheren Druck und der dadurch bedingten besseren Zerstäubung und Verbrennung des Kraftstoffs könne der Verbrauch pro zusätzlichen 500 bar um ein bis zwei Prozent gesenkt werden. Die Ingenieure kämpfen in jeder Disziplin um winzige Prozentpunkte, um den Verbrauch – gemessen in Liter Kraftstoff oder in Gramm CO2-Emissionen pro Kilometer – zu reduzieren. Denn die Vorgaben der EU sind klar: Im Jahr 2015 darf der Flottenverbrauch bei maximal 130 Gramm CO2 pro Kilometer liegen, 2020 bei nur noch 95 Gramm CO2.

Die Start-Stop-Automatik vor der Ampel reduziert ebenso den Verbrauch wie Zylinderabschaltung, Turboaufladung, bessere Brennverfahren im Zylinder oder Doppelkupplungsgetriebe. Die Ingenieure versuchen bei allem, was sich dreht oder bewegt, im oder am Motor, die Verlustreibung zu mindern. So sollen Pumpen nur dann arbeiten, wenn sie benötigt werden. Ansonsten bleiben sie abgeschaltet.

Selbst der Motor ist da nicht mehr ausgenommen: Beim sogenannten Segeln, wenn etwa bei abschüssiger Fahrbahn kein Schub erforderlich ist, schaltet sich das Aggregat ab. „Hier hat das Elektroauto dem Verbrennungsmotor einen Schub gegeben“, erklärt der Wiener Fahrzeugforscher Friedrich Indra, der normalerweise kein gutes Haar am Elektroauto lässt. Indra provoziert gern und prognostiziert anstelle der von der Bundesregierung geforderten eine Million Elektroautos auf den Straßen fürs Jahr 2020 bescheidene 50 000.

Die Elektrifizierung schreitet voran

Doch die Elektrifizierung des Benzin- oder Dieselantriebs als Hybridfahrzeug schreitet unaufhaltsam voran. Denn indem die Entwickler dem Otto- oder Dieselmotor einen Elektromotor plus Batterie zur Seite stellen, gewinnen sie Spielraum, den Verbrauch noch weiter zu senken. So hat beispielsweise ein neuer Mercedes-Motor aus vier Zylindern plus Elektroeinheit zwar nur eine rein elektrische Reichweite von einem Kilometer, das reicht aber aus, um die CO2-Werte auf 107 Gramm zu drücken. Der Elektromotor assistiert dort, etwa beim Anfahren oder Beschleunigen, wo der Benzinpart weniger effizient arbeitet, und hilft auch sonst, den Benziner effektiver arbeiten zu lassen.

Was aus einer intelligenten Abstimmung eines Hybridfahrzeugs noch herauszuholen ist, zeigte Giorgio Rizzoni von der Ohio State University in Columbus/USA. Der Forscher sammelt aktuelle Fahrzeugdaten, etwa Position und Geschwindigkeit, auf einem Rechner im Internet und verknüpft diese mit Verkehrs-, Stau-, Wetter- und Topologieinformationen. Der Computer berechnet ein ideales Fahrprofil und zeigt dies in drei Farben auf einem Display an: bei weißem Farbsignal ist die Geschwindigkeit genau richtig, bei Rot sollte der Fahrer langsamer fahren, bei Grün schneller. Innerorts bringt diese Optimierung laut Rizzoni sieben Prozent Kraftstoffeinsparung, auf der Landstraße sogar 14 Prozent.