Freud und Leid: die sportlichen Erfolge der Stuttgarter Volleyballerinnen haben auch ihre Schattenseite. So kostet die Reise an diesem Mittwoch im CEV-Pokal nach Russland nicht nur Kraft, sondern auch Geld.

KrasnodarSchon vor dem letzten Champions-League-Spiel gegen Azerrail Baku hatte Stuttgarts Manager Bernhard Lobmüller klar gemacht, dass er das Kapitel Europa damit gerne geschlossen hätte, dass der Fokus fortan auf dem Pokalfinale und den Play-offs um die Meisterschaft liegt. Durch den deutlichen 3:0-Sieg über den Tabellenführer aus Aserbaidschan hat ihm sein derzeit bravourös aufspielendes Team einen Strich durch die Rechnung gemacht und ist als einer der besten Gruppendritten überraschend in die Challenge-Runde des CEV-Pokals eingezogen.

 

Statt dem Ende auf dem europäischen Parkett steht Allianz MTV Stuttgart plötzlich eine Etage tiefer mitten im Viertelfinale des Europapokals gegen Dinamo Krasnodar, und der Spagat zwischen den hohen Belastungen geht weiter. „Für mich ist dieser Ausflug eher störend, ja sogar sinnfremd“, sagt Lobmüller und runzelt die Stirn. „Jetzt haben wir wieder eine komplizierte Anreise und müssen wieder gegen eine russische Spitzenmannschaft spielen. Dabei müssen wir uns mit einem Team messen, in dem es mindestens zwei Spielerinnen gibt, die jeweils eine Million Euro Jahresgehalt haben.“ Ungleiche Waffen, denn wieder kann seine angeschlagene Rumpftruppe der nächsten Millionentruppe nur unbändigen Einsatz und überragenden Teamgeist entgegensetzen.

Eine nahezu unlösbare Aufgabe

Am frühen Montagmorgen begab sich sein durch den engen Spielplan müdes Team auf die lange Reise über Frankfurt und Moskau nach Krasnodar in der Nähe von Sotschi. Der CEV-Pokal-Titelverteidiger Dynamo empfängt die Stuttgarterinnen an diesem Mittwoch (19.30 Uhr Ortszeit/ 17.30 Uhr MEZ) im Olimp Palace of Sport. Nach Dinamo Kazan in der Champions League stellt auch diese russische Spitzenmannschaft eine nahezu unlösbare Aufgabe dar.

„Für mich ist Tatiana Kosheleva derzeit die beste Angreiferin der Welt. Dann haben sie in Liubov Sashkova eine lebende Legende, die gerade auf die sechste Olympiateilnahme zusteuert“, erklärt der Co-Trainer Giannis Athanasopoulos, der im europäischen Spitzenvolleyball bestens vernetzt ist. „Wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen, dann können wir vielleicht mit unserem harten Aufschlag ein wenig Druck erzeugen.“ Für ihn und den Cheftrainer Guillermo Naranjo Hernandez ist klar, dass ihre Spielerinnen für diese Partie keine besondere Vorbereitung braucht. „Sie treten gegen die besten Spielerinnen der Welt an. Da werden sie automatisch mehr als 100 Prozent geben“, sagt Hernandez.

Kosten von 15 000 Euro

Vorteil Stuttgart: das entscheidende Rückspiel findet vor dem eigenen Publikum statt. Das dann hoffentlich – so Bernhard Lobmüller – zahlreich erscheint: „Die Extratour nach Krasnodar mit Visa-Gebühren, Flügen und Hotel kostet weitere 15 000 Euro, die nicht eingeplant waren.“

Sollte sein Team erneut über sich hinauswachsen, befeuert von der bereits mehrfach bewährten grandiosen Stimmung in der Scharrena, dann würde der anstrengende Rhythmus mit Spielen am Mittwoch und Samstag gleich nach dem Pokalfinale am 28. Februar gegen den Dresdner SC in Mannheim einfach weiter gehen – und unterm Strich die Mannschaft gegen die Vorstellungen ihres Managers, nun ja, verstoßen. „Nein, wir spielen ganz klar für uns. Wir wollen immer gewinnen und können in dieser Runde auch nur gewinnen“, sagt die Stuttgarter Spielerführerin Kim Renkema und grinst. „Und deswegen geben wir eben Vollgas.“

„Wir nehmen es natürlich, wie es kommt“, fasst Bernhard Lobmüller zusammen. „Jetzt sprengt es halt unseren Finanzrahmen, aber das werden wir schon irgendwie hinbekommen.“ So, wie es die Mannschaft gerade immer wieder schafft, über sich hinauszuwachsen.