Die Pläne werden konkreter: Im Herbst 2019 könnte der Biomüll aus Ludwigsburg in den Kreis Germersheim in Rheinland-Pfalz gefahren werden. Die Anlage soll genauso wirtschaftlich sein wie die von den Bürgern abgelehnte in Bietigheim-Bissingen.

Kreis Ludwigsburg - Die Planungen zu der Biomüllvergärungsanlage im rheinland-pfälzischen Landkreis Germersheim nehmen konkretere Züge an. Von Herbst 2019 an könnte der Biomüll aus dem Landkreis Ludwigsburg ins rund 100 Kilometer entfernte Westheim gefahren werden. Der Bau der Anlage auf dem knapp drei Hektar großen Grundstück in einem Wald soll etwa 16 Millionen Euro kosten. Mitte November hat das Betreiberkonsortium Biogutvergärung Bietigheim (BVB) den Genehmigungsantrag bei der Immissionsschutzbehörde gestellt.

 

Seit der Bau einer Biomüllvergärungsanlage in Bietigheim-Bissingen im Juli 2016 durch einen Bürgerentscheid verhindert wurde, war das Konsortium in der Pflicht, einen anderen Standort zur energetischen Verwertung des Biomülls aus dem Landkreis Ludwigsburg zu finden. Im Kreis selbst hatte man bereits vergeblich nach Alternativen gesucht. Auf Germersheim wurden die Planer durch das Unternehmen Suez aufmerksam: Der privatwirtschaftliche Entsorger betrieb dort bis vor Kurzem eine Kompostieranlage. Nun ist sie marode und stillgelegt. Vom kommenden Sommer an soll daraus eine Vergärungsanlage entstehen, in der Biomüll aus dem Landkreis Germersheim, aus Ludwigsburg und von der Stadt Karlsruhe in Gas und Dünger umgewandelt werden.

16 Lkw-Fahrten pro Tag mehr

Nur durch die Kooperation der beiden Landkreise und von Karlsruhe ist es möglich, diese Anlage wirtschaftlich zu betreiben. Die Kapazität der Anlage liegt bei 48 000 Tonnen Biomüll im Jahr. Ludwigsburg steuert 28 000 Tonnen dazu bei, Germersheim 12 000 Tonnen, die Stadt Karlsruhe 8000 Tonnen. Die erzeugte Energiemenge aus dem gewonnen Gas läge dann laut Plänen bei 30 500 Megawattstunden pro Jahr. Das entspricht dem Heizwert von drei Millionen Litern Heizöl oder der Stromerzeugung von sieben mittelgroßen Windkraftanlagen, vergleichbar mit jener in Ingersheim. Neben Gas sollen bei der Vergärung noch 17 000 Tonnen Kompost und 18 000 Tonnen Flüssigdünger entstehen.

„Das ist ein sehr schönes, regionales Konzept“, sagte der Germersheimer Landrat Fritz Brechtel bei der Vorstellung der Pläne am Freitag. Man habe bei der Einführung des Projekts von den Widerständen im Kreis Ludwigsburg gewusst und daher Kreisräte und Bürger frühzeitig eingebunden, sagte Brechtel. Deswegen habe es „so gut wie keine Einwände“ gegen das Projekt gegeben. Eine mögliche Geruchsbelästigung gebe es nicht, da die Anlage in einem Wald liegt. Und die zusätzlichen 16 Lastwagenfahrten pro Werktag würden die Bevölkerung auch nicht stören, weil es eine Vereinbarung gibt, wonach die Lastwagen nicht durch die angrenzenden Ortschaften fahren dürfen.

Drei Prozent weniger ökologisch als die Bietigheimer Variante

Während Rainer Kübler, der Geschäftsführer der Stadtwerke Bietigheim-Bissingen, die auch Teil des Betreiberkonsortiums BVB sind, bekräftigte, dass die Wirtschaftlichkeit der Anlage vergleichbar mit jener damals in Bietigheim geplanten sei, ging der Ludwigsburger Landrat Rainer Haas auch auf die ökologische Sinnhaftigkeit des Unterfangens ein: Die Ökobilanz des von Ludwigsburg nach Germersheim gefahrenen Biomülls sei laut einer Berechnungsgrundlage des Umweltbundesamtes nur um drei Prozent geringer als jene Variante, die im Falle einer Anlage in Bietigheim gegolten hätte.

Eine Erhöhung der Abfallgebühren im Kreis Ludwigsburg habe das Projekt nicht zur Folge, sagte Tilmann Hepperle, der Chef der Abfallverwertungsgesellschaft AVL: Die Verträge zwischen BVB und AVL hätten sich nicht geändert. Eine Sache könnte sich jedoch ändern: Germersheim hat, um die Verunreinigung des Biomülls durch Fremdstoffe zu verringern, beschlossen, dass Biotonnen, die mit Fremdstoffen durchsetzt sind, als teurer Restmüll entsorgt werden. Die Biotonnen sollen stichprobenartig kontrolliert werden. In Ludwigsburg sei Plastik in der Biotonne nach wie vor ein „großes Problem“, sagte Hepperle. Landrat Haas ist vom „Germersheimer System“ angetan: „Man muss die Bevölkerung an ihrem empfindlichsten Körperteil packen: Dem Geldbeutel.“