Hier wurde die Femeschau „Entartete Kunst“ gezeigt und Hitlers Kunst für den Massengeschmack. Jetzt arbeitet eine Ausstellung die braune Vergangenheit auf.

München - Irgendwo im Treppenhaus ist dieses heisere Gekläff zu hören, von dem man hier zwar kein Wort versteht, das man aber ohne weiteres als die charakteristische Tonlage des „Dritten Reichs“ erkennt: Der Führer spricht. Droben in der Ausstellung dann ein Riesenmodell des Hauses der Kunst – aus weißer Schokolade. Dazu Hitlers Eröffnungsrede als Wandtapete und historische Filmdokumente, die zeigen, wie das (Holz-) Modell dieses ersten nationalsozialistischen Repräsentationsbaus von mittelalterlich gewandeten Männern durch die Stadt getragen wurde – der ganze NS-Staat und seine Kunstpolitik eine exorzistische Maskerade zur Austreibung der Moderne. „Modernism is now verboten“, kommentierte trocken die „New York Times“ im Juli 1937, als parallel zur ersten „Großen Deutschen Kunstausstellung“ die Femeschau „Entartete Kunst“ im Galeriegebäude am Hofgarten gezeigt wurde.

 

Das Münchner Haus der Kunst wird 75 und blickt aus diesem Anlass zurück auf die eigene Vergangenheit. „Geschichten im Konflikt“ heißt die Jubiläumsausstellung, die am Wochenende an der Prinzregentenstraße startete. Das Ungewöhnliche dieses Rückblicks enthüllt aber erst der Untertitel: „Das Haus der Kunst und der ideologische Gebrauch von Kunst 1937 bis 1955“. Kein Schnitt also 1945, wie es zu erwarten gewesen wäre, sondern erst 1955, dem Jahr der ersten Documenta, als (West-)Deutschland mit der Präsentation der vormals „Entarteten“, von Lehmbruck über Kandinsky bis zu Klee und Picasso, vor den Augen der Weltöffentlichkeit wieder seinen Gegenwartsanschluss bekundete. Und da dieser 75. Geburtstag nun mit der 13. Documenta zusammenfällt, kann man die „Geschichten im Konflikt“ auch als Ergänzung und historischen Kommentar zur soeben eröffneten großen Weltkunstschau in Kassel betrachten.

Ein gescheiterter Postkartenmaler

Nicht alles an dieser Münchner Retrospektive ist inszenatorisch gelungen, einiges sichtlich mit heißer Nadel gestrickt. Allzu simpel etwa die Installation, die Christian Philipp Müller am Anfang des Rundgangs platziert hat: In der Mittelachse der Eingangshalle, genau dort wo der gescheiterte Postkartenmaler Adolf Hitler einst zur Einweihung des braunen Kunsttempels seine Kunstprogrammatik darlegte, hat der Ausstellungsgestalter den seinerzeit üblichen Lorbeer- und Blumenschmuck drapiert. Umrahmt davon wird jedoch das Schwarzweißfoto eines Mannequins: Nach dem Krieg fanden im Haus der Kunst alle möglichen Lustbarkeiten statt, Modeschauen, Tanzabende, legendär gewordene Faschingsfeste, und die amerikanische Militärregierung, die in Hitlers fast unbeschädigt durch den Krieg gekommenem Monumentalbau ein Offizierskasino eingerichtet hatte, spielte in einem der oberen Räume sogar Basketball.