Es sind unglaubliche Vorwürfe: Eine Hebamme soll im Kreißsaal der Klinik in Großhadern vier Frauen nach Kaiserschnittgeburten blutverdünnende Mittel gegeben haben. Die Frauen verloren viel Blut. Das Motiv ist noch völlig unklar.

Es sind unglaubliche Vorwürfe: Eine Hebamme soll im Kreißsaal der Klinik in Großhadern vier Frauen nach Kaiserschnittgeburten blutverdünnende Mittel gegeben haben. Die Frauen verloren viel Blut. Das Motiv ist noch völlig unklar.

 

München - Versuchter Mord im Kreißsaal: In einer der größten und bekanntesten Kliniken Europas soll eine Mitarbeiterin mehrfach versucht haben, werdende Mütter umzubringen. Die Hebamme soll vier Frauen bei Kaiserschnitt-Geburten in der Münchner Universitätsklinik Großhadern blutverdünnende Mittel gegeben haben. Die Frauen verloren große Mengen Blut. Nur mit „notfallmedizinischen Maßnahmen“ habe das Leben der Mütter gerettet werden können, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.

Der Blutverlust sei lebensbedrohlich gewesen. „Es bestand akute Lebensgefahr.“ Das Klinikum, in dem die Frau seit 2012 arbeitet, hatte nach einem wissenschaftlichen Gutachten, das die Manipulation bestätigte, am 10. Juli Anzeige erstattet. In vier Fällen zwischen April und Juni sei das blutverdünnende Mittel Heparin nachgewiesen worden, zwei Frauen brauchten Bluttransfusionen, zwei mussten erneut operiert werden, eine von ihnen verbrachte nach Klinikangaben eine Nacht mit einem Tuch im Bauch, um die Blutungen zu stoppen.

Gezielt Risikoschwangerschaften ausgesucht?

„Wir sind bestürzt“, sagte der ärztliche Direktor des Klinikums, Karl-Walter Jauch. Es deute einiges darauf hin, dass die Frauen mit Risikoschwangerschaften gezielt ausgesucht worden seien.

Alle vier betroffenen Frauen neigten wegen Vorerkrankungen laut Klinik zu verstärkten Blutungen. „In die Infusionen wurde Heparin beigemischt, wodurch sich die Blutungsneigung noch erheblich steigerte.“ Inzwischen gehe es allen Müttern und ihren Kindern gut, eine konkrete Gefahr für die Neugeborenen habe nie bestanden.

Staatsanwaltschaft und Klinikum gehen davon aus, dass das Mittel in hoher Dosis in die Infusionsflaschen gefüllt wurde. In einer Flasche habe Heparin noch nachgewiesen werden können. „Es gehört nach allem, was wir wissen, zum medizinischen Standardwissen, dass ein derartiges Mittel bei einem Kaiserschnitt absolut nicht indiziert ist“, sagte der Sprecher der Staatsanwalt, Peter Preuß, der das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt sieht. Sollten die Vorwürfe stimmen, habe die Frau „bewusst die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer“ ausgenutzt.

Nach Angaben von Polizei und Klinikum war die 33-Jährige die Einzige, die bei allen vier kritischen Geburten im Kreißsaal war. Bereits am Freitag wurde sie in der Klinik verhaftet, seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. Zunächst habe sie die Vorwürfe bestritten. Nach Absprache mit ihrer Anwältin habe sie sich dann aber dazu entschieden, keine weiteren Angaben zu machen.

Zu einem möglichen Motiv konnten die Ermittler darum zunächst nichts sagen. Auch ihre Kollegen tappen im Dunkeln. Die Frau aus dem Münchner Umland sei ledig und habe selbst keine Kinder. Die Leitende Hebamme Heike Wolff beschrieb sie als fachlich qualifiziert, von Kollegen geschätzt und im persönlichen Umgang zurückhaltend. Von August 2013 bis März dieses Jahres sei sie wegen einer orthopädischen Krankheit ausgefallen, in der Wiedereingliederung habe sie sich aber sehr motiviert und engagiert gezeigt.

Bevor sie als angestellte Hebamme an das Klinikum Großhadern kam, habe die Frau außerhalb Bayerns gearbeitet. Die Ermittler wollen auch ihre früheren Arbeitgeber kontaktieren. Gerüchteweise soll es auch an einem früheren Arbeitsplatz Vorfälle gegeben haben, sagte Friese ohne Details zu nennen. Daraufhin habe auch ein Mitarbeitergespräch mit der Frau stattgefunden. Zum Inhalt wollte die Klinik nichts sagen.