Im Haus für Mütter und Kinder bekommen alleinerziehende Frauen Hilfe.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Dachswald - Der 7. Oktober ist der internationale Tag des Lächelns. Ein passendes Datum, um das 20-jährige Bestehen des Hauses für Mütter und Kinder im Dachswald zu feiern. So sieht es Anette Wimmer. „Unsere Mutter wäre sehr stolz und würde sich riesig freuen, wenn sie heute hier wäre“, sagte Wimmer. Sie und ihre Schwester Christine Ritter-Fiege führen das Werk ihrer Mutter fort und waren bei dem Festakt am Freitagnachmittag dabei.

 

Die Historie beginnt mit einem Fonds

Die Initiatorin des Hauses für Mütter und Kinder war Ingrid Ritter. Die mittlerweile verstorbene Stuttgarter CDU-Stadträtin gründete 1988 einen Sonderfonds, um in Not geratenen Frauen und ihrem Nachwuchs zu helfen. Privatpersonen, verschiedene Institutionen und auch die Landesentwicklungsgesellschaft unterstützten das Projekt. So konnten Ritter und ihre Mitstreiter 1991 den Verein „Wir bauen ein Haus – Hilfen für Mütter und Kinder“, kurz MUK genannt, ins Leben rufen. Der damalige Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel übernahm die Schirmherrschaft. Im Stadtteil Hofen bezogen die ersten acht Frauen mit ihren Kleinen ein Haus, in dem sie sicher wohnen und eine Lebensperspektive entwickeln konnten.

Das ist bis heute das Ziel. Es geht nicht um häusliche Gewalt oder Suchtprobleme. Es geht um alleinerziehende Mütter, die kein Dach über dem Kopf finden beziehungsweise dieses nicht bezahlen können.

1993 eröffnete der Verein ein zweites Haus in Plieningen, drei Jahre später das im Dachswald. Das Haus in Hofen wurde bis April 2008 von MUK betreut. Im Dachswald und in Plieningen gibt es nach wie vor je acht Wohnungen für Frauen in Not. Darüber hinaus befindet sich in jedem der Häuser eine von MUK finanzierte Gemeinschaftswohnung. Sie ist ein Ort, an dem sich die Frauen und Kinder treffen, austauschen und miteinander feiern können. Die Wohnungen der Frauen sind vom Jobcenter finanzierte Sozialwohnungen. Vergeben werden sie vom Amt für Liegenschaften und Wohnen, verwaltet von dem Wohnungsunternehmen Vonovia. Die Verantwortlichen geben die genauen Adressen der Häuser bewusst nicht preis, um die Anonymität der Bewohner zu wahren.

Professionelle Betreuung

„Die Häuser und die Stiftung sind Gold wert“, sagte Inge Kleinert und ergänzte: „Alleinerziehende haben es bei der Wohnungssuche viel schwerer als Paare. Und Alleinerziehend gehören statistisch nachweisbar zu den Ärmsten der Armen.“ Kleinert ist Sozialpädagogin und betreut die Mütter im Dachswald. Einmal in der Woche ist sie vor Ort. Dann beantwortet sie viele Fragen, zum Beispiel zum Thema Wohnungssuche und zum Thema Aus- und Weiterbildung. Es geht aber auch um die Frage, wie man in Stuttgart einen Platz in einer Kindertageseinrichtung bekommt und wie sich Familie und Beruf miteinander vereinbaren lassen. Neben Kleinert engagieren sich auch viele ehrenamtliche Helfer in den MUK-Häusern.

Vom Verein zur Stiftung

MUK finanziert unter anderem die sozialpädagogische Betreuung und die Gemeinschaftswohnung. Seit 2009 ist es aber kein Verein mehr, sondern eine rechtlich unselbstständige Stiftung unter dem Dach der Landeshauptstadt. Für einen Verein seien die Aufgaben nicht mehr zu bewältigen gewesen, sagt Burkhard Köhler. Der ehemalige ärztliche Direktor am Olgäle engagiert sich seit der ersten Stunde bei MUK und übernahm 2011 den Stiftungsvorsitz. Das Ziel der Stiftung sei es, den Frauen Schutz und Perspektiven für ein selbst- und eigenständiges Leben zu bieten, sagte Burkhard bei der Feierstunde am Freitag. „Wir wünschen uns, dass sich die Mütter und ihre Kinder bei uns wohlfühlen und dass sie in eine positive Zukunft blicken.“

Auch der Bürgermeister gratuliert

So sah das auch Stuttgarts Erster Bürgermeister Michael Föll. Er überbrachte die Glückwünsche und den Dank der Landeshauptstadt, wie er es formulierte. Mit den MUK-Häusern habe der Verein beziehungsweise die Stiftung inzwischen einer dreistelligen Anzahl an Frauen helfen können, sagte Föll. „Es ist Ingrid Ritters herausragendes Lebenswerk. Sie hatte das tiefe, persönliche Anliegen, zu helfen. Sie hatte die Tatkraft, diese Idee umzusetzen“, lobte der Bürgermeister. Das Projekt sei nach wie vor aktuell. Inge Kleinert wurde noch deutlicher: In Stuttgart gebe es zu wenig bezahlbaren Wohnraum und zu wenige Sozialwohnungen, sagte sie.

Das können die Bewohner des MUK-Hauses im Dachswald nur bestätigen. Für sie sei es unmöglich gewesen, eine Wohnung zu finden, erzählt eine der Frauen. Darum sei sie dankbar, dass sie nun bei MUK untergekommen sei. Und darum sei auch für sie dieser 7. Oktober, an dem das Haus seinen Geburtstag feiere, ein Tag des Lächelns.