Jugendliche der Murrhardter Moschee und Mitglieder verschiedener Jugendfeuerwehren haben beim Projekt FeMo zusammen rollstuhlgeeignete Picknicktische gebaut – und nebenbei viel über ihre jeweilige Organisation gelernt.

Murrhardt - Vor gut einem Jahr, am 10. März 2013, war Michael Schladt mehr als froh, dass die Backnanger Feuerwehr einen türkischstämmigen Kameraden in ihren Reihen hat. Damals waren acht Mitglieder einer türkischen Großfamilie bei einem Brand ums Leben gekommen: „Bei dieser Katastrophe war unser Maschinist Gold wert, schon weil er die Sprache der Angehörigen sprechen konnte“, sagt der Kreisjugendfeuerwehrwart. So schrecklich die Umstände waren, Schladt sah seine Auffassung darüber, wie sich die Feuerwehr in Zukunft aufstellen sollte, bestätigt: „Es wächst die Erkenntnis, dass sich die Freiwilligen Feuerwehren und die Jugendfeuerwehren für Menschen mit Migrationshintergrund öffnen müssen.“

 

Ein erster Schritt auf diesem Weg ist, den Mitbürgern aus anderen Kulturen erst einmal zu zeigen, wie die Feuerwehr in Deutschland funktioniert. „Es ist mir schon passiert, dass mich ein Jugendlicher gefragt hat, wann denn die richtige Feuerwehr kommt. Die wissen gar nicht, welche Aufgaben die Freiwillige Feuerwehr hat“, sagt Schladt, der schließlich die Idee hatte, Jugendliche aus der Moschee und Mitglieder der Jugendfeuerwehr bei einem gemeinsamen Projekt zusammenzuführen. FeMo (Feuerwehr und Moschee) hatte von Anfang an zum Ziel, Barrieren abzubauen – in zweierlei Hinsicht. Zum einen sollten sich beide Seiten kennenlernen, zum anderen sollten sich die Jugendlichen einen Gegenstand überlegen, der Menschen mit Behinderungen eine bessere Teilhabe ermöglicht. „Sie kamen dann auf die Idee, eine Tisch-Bank-Kombination zu bauen, bei der man ein Element aus der Bank rausnehmen kann, sodass ein Rollstuhlfahrer direkt mit am Tisch dabei sein kann“, berichtet Michael Schladt.

Von Berührungsängsten keine Spur

Momentan sind die Jugendlichen damit beschäftigt, im Hof der Murrhardter Moschee einige der Holztische zu montieren, gearbeitet wird meist in den Ferien oder am Wochenende. Die Gruppen werden gemischt, damit nicht doch jeder nur mit seinen Kumpels oder Freundinnen zusammenarbeitet. „Ich war schon mehrmals dabei. Das macht Spaß, auch wenn wir uns beim Bohren Blasen geholt haben“, sagt Burcin Bozyel, und Suzan Sakar ergänzt: „Es ist schön, wenn wir etwas zusammen machen können.“

In der Mittagspause gehen zwei Mädchen der Jugendfeuerwehr Sulzbach ganz selbstverständlich an den Billardtisch und legen sich die Kugeln zurecht. In einer Moschee sind sie zwar zum ersten Mal, Berührungsängste gibt es offensichtlich nur wenig: „Wir haben das Thema ja auch in der Schule gehabt“, sagt Christian Munz von der Jugendfeuerwehr. Auch Projektleiter Thomas Spinner vom Kreisjugendring berichtet, dass sich die Jugendlichen durch die Bank ziemlich ähneln: „Eher unterscheiden sich die Mädchen von den Jungs, weil sie meist motivierter sind. Und die Jungs von den Mädchen, weil sie gerne vor der Gruppe angeben. Aber die Stimmung stimmt“, sagt er und lacht.

Die Erwachsenen lernen am meisten

Vielleicht sind es aber doch eher die Erwachsenen, die bei FeMo lernen, die Barrieren zwischen zwei so verschiedenen Organisationen wie einem Moscheeverein und einer Feuerwehr abzubauen. „Da liegen Welten dazwischen. Der Moscheeverein ist relativ jung und die Jugendarbeit längst nicht so strukturiert“, sagt Birgül Keser, die Mitarbeiterin des Kreisjugendringes und aktiv im Moscheeverein ist. Im Mai ist übrigens ein großer Ausflug der Jugendlichen geplant. Es geht nach Köln – zum Dom, zur neuen Ditib-Moschee, zur Synagoge, „und wenn die Zeit noch reicht, auch zur Feuerwehr“, sagt Keser.

Das Projekt FeMo

Beteiligte
: Der Kreisjugendring hat mit dem Projekt vor vier Jahren begonnen. Seitdem sind jede Menge Picknicktische entstanden, die beispielsweise am Waldsee in Fornsbach oder am Freizeitheim Mettelberg stehen. Beim Bau immer dabei ist die Jugend der Mehmet Akif Ersoy-Moschee in Murrhardt. Hinzu kamen Jugendfeuerwehren aus Backnang, Sulzbach, Schorndorf, Oppenweiler und Weissach.

Finanzierung
: Gefördert wurde und wird FeMo von der Baden-Württemberg-Stiftung sowie von der Stiftung der Kreissparkasse Waiblingen. Diese hat dem Kreisjugendring am Montag in der Moschee einen Scheck über 30 000 Euro überreicht.