Im Naturkundemuseum am Löwentor zeigt eine Sonderschau: Fossilien sind nicht angestaubt. Wenn Restauratorin Cristina Gascó Martin über ihre Arbeit spricht, wirken die Fossilien lebendig.

Stuttgart - Schiefer und Knochen. Nimmt man die Bestandteile eines Fossils, könnte man die neue Ausstellung im Museum für Naturkunde für sehr trocken halten. In der am 13. Oktober beginnenden Ausstellung „Patient Fischsaurier“ werden gefährdete Fossilien gerettet. Doch wer ist der Feind der Artefakte? Und muss man wirklich von einem langweiligen Museumsbesuch ausgehen?

 

Dass die Fossilien heute ein Problem haben, liegt daran, wie sie überhaupt entstanden sind. Ihre Entstehungsgeschichte ist sozusagen auch ihr Feind. Die im Museum ausgestellten Fossilien sind vor 182 Millionen Jahren entstanden. Am schlecht durchlüfteten Meeresboden bildete sich Faulschlamm, woraus sich wiederum der schwarze Schiefer entwickelte, in dem die Fossilien stecken. Das waren keine guten Bedingungen für Leben. Es hatte aber den Vorteil, dass sich die Kadaver, die zum Meeresboden absanken, kaum zersetzten. Das führte zu sehr gut erhaltenen Fossilien. Unter diesen Bedingungen lagerten sich aber auch Schwefelverbindungen ab, die ihnen heute zum Verhängnis werden. Pyrit und Markasit heißen „die Bösen“. Bei zu hoher Luftfeuchtigkeit kann daraus Schwefelsäure und Eisensulfat entstehen. Und die beiden sind die wirklich „Bösen“. Denn sie fressen sich in das Fossil und zerstören es. Werden sie größer, zu einem Knollen, können sie einen ganzen Knochen des Fossils sprengen.

Mit Feingefühl gegen die „gelbe Krankheit“

An dieser Stelle kommt Restauratorin Cristina Gascó Martin zum Einsatz. Die junge Spanierin ist die Antwort auf die Eingangsfrage zur Langeweile: Spricht sie über ihre Arbeit, wirken die Fossilien lebendig. Mehr als sieben Wochen lang arbeitet sie schon mal an einem Ausstellungsstück. Dabei kommt es auf viel Feingefühl an. Manche Fossilien sind in sehr schlechtem Zustand, wenn sie unter ihre Lupe kommen. Gascó Martin nimmt dann zum Beispiel Farbreste ab, die von früheren Restauratoren auf den Fossilien verblieben sind.

Diese Farbe überdeckt zwar den Schaden – oder die Krankheit, wie Cristina Gascó Martin sie nennt – setzt ihr aber nichts entgegen. Die Farbe nimmt die Restauratorin herunter, nachdem sie einen Silikonabdruck vom „kranken“ Bereich gemacht hat. Dann entfernt sie die Knochen, wie zum Beispiel von der Säure zerfressene Rippen. Zur besseren Orientierung später legt sie diese dann auf den Silikonabdruck. Mit Werkzeugen wie einem Sandstrahl entfernt die Restauratorin die zerfressenen Teile auf den Schieferplatten, die man als gelbe Stellen erkennt. Danach können die zuvor entfernten Knochen wieder aufgelegt und imprägniert werden. Knochen mit Löchern oder Lücken können gefüllt werden. Das sieht für den Betrachter schön aus, bringt wissenschaftlich aber keine Erkenntnisse. In diesem Zusammenhang bespricht sich die Restauratorin mit Erin Maxwell, Kuratorin am Museum.

Luftfeuchtigkeit und Temperatur helfen und zerstören

Die beste Medizin gegen den Zerfall ist recht einfach, erzählt die Restauratorin: „Ein stetiges Klima ist wichtig. Am besten 40 bis 45 Prozent relative Luftfeuchtigkeit und etwa 18 Grad“. Eine Heilung ist das aber nicht. Der Zerfall kann mit der Behandlung verlangsamt, aber nicht vollends aufgehalten werden. Frustrierend findet Gascó Martin ihre Arbeit aber deshalb nicht. Es sei aber natürlich schade, wenn man nach ein paar Monaten wieder den Zerfall sehen könne. Wenn sie vorher schon einmal an einem Stück gearbeitet habe, sei es aber beim zweiten Mal meist weniger Arbeit.