Christiane Lange geht mit Elan in ihre zweite Amtszeit. Die Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart sieht sich auf dem richtigen Weg. Sie will gestalten – und nimmt dabei Widerstände in Kauf. Das Topthema auf ihrer Agenda: die Digitalisierung der Kunst.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Das Ministerium hat den Vertrag von Christiane Lange um fünf Jahre verlängert. Die Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart will die Zeit nutzen, um die Digitalisierung voranzutreiben. Sie ist überzeugt ist, dass die neuen Medien Abläufe und Sehgewohnheiten verändern – und sich Museen darauf einstellen müssen.

 
Frau Lange, Sie haben Ihren Vertrag verlängert. Fühlen Sie sich wohl in Stuttgart?
Natürlich, sonst hätte ich nicht verlängert.
Aber ein Direktorenposten ist nicht nur ein Zuckerschlecken. Wie schafft man es, Widerständen zu trotzen?
Das Wichtigste ist, dass man gerne gestaltet, dann nimmt man in Kauf, dass sich manches nur gegen Widerstände durchsetzen lässt. Es ist wunderbar, wenn man etwas bewegen kann – das ist für mich der große Reiz und die Motivation.
Es wird derzeit viel darüber diskutiert, was Museen künftig leisten sollten. Was steht bei Ihnen ganz oben auf der Liste?
Das ist die Digitalisierung, die auf verschiedensten Ebenen stattfindet. Digitalisierung heißt ja nicht nur, dass man eine Webseite hat oder auf Facebook unterwegs ist, sondern meint auch das elektronische Kassensystem und die Datenbank der Kunstbestände. Wir arbeiten – auch aufgefordert von der Landesregierung – an einer digitalen Strategie und wollen die Aktivitäten bündeln und in ein großes Paket einbinden.
Aber ist das Digitale nicht nur ein Werkzeug, ein Hilfsmittel?
Das Digitale ist nicht nur ein Werkzeug, sondern verändert unser aller Denken und Sehgewohnheiten. Man ist auf einer anderen Weise damit im Alltag verbunden als noch vor zehn Jahren. Auch bei der Hardware schreiten die Entwicklungen rasant voran, die wir beachten müssen. Wenn schon bald 99 Prozent aller Menschen ein Smartphone haben, muss ich keine Kopfhörer und Multimediaplayer mehr anbieten. Das bietet neue Möglichkeiten.

„Der Hype um große Ausstellungen hat die Besucher verändert“

Gewinnt man durch die Digitalisierung allein schon neue Besuchergruppen?
Unsere Statistiken zeigen, dass viele unserer Besucher im Alter 57 plus sind. Dies müssen wir natürlich berücksichtigen. Parallel arbeiten wir an neuen Vermittlungsansätzen. Durch die neuen Medien kann man verschiedene Zielgruppen erreichen, ohne die klassischen Kommunikationswege zu vernachlässigen. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen.
Herzstück der Museen sind die Sammlungen. Ausgerechnet die tun sich bei den Besuchern schwer. Woran liegt das?
Das ist einfach, die Museen haben sich in den letzten 25 Jahren zu Ausstellungshäusern entwickelt. Im Bewusstsein der Gesellschaft ist die Kernaufgabe nicht mehr das Sammeln, sondern das Ausstellen, möglichst verbunden mit einer tollen Geschichte und Sensationen. Wenn es nicht den großen Hype an Wechselausstellungen gäbe, würden die Leute nolens volens wieder vermehrt in ihre Sammlungen gehen.