In Berlin ist der Grundstein für das „Haus der Zukunft“ gelegt worden. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Bundesforschungsministerium soll von 2017 an die Zukunft für Besucher sinnlich und intellektuell erfahrbar werden.

Berlin/Stuttgart - Die eine Zukunft gibt es nicht“, sagt Reinhold Leinfelder, „sondern es gibt viele mögliche Zukünfte.“ Und die möchte der Geografieprofessor im Herzen von Berlin erlebbar machen. Der 58-jährige Leinfelder ist Gründungsdirektor des Hauses der Zukunft (HdZ), eines Gemeinschaftsprojekts von Bundesforschungsministerium, Wissenschaftsverbänden und Großunternehmen. Forschungsministerin Johanna Wanka legte nun den Grundstein für den Bau, in der Nähe des Hauptbahnhofs am Spree-Ufer.

 

Das neue Museum soll nach Leinfelders Vorstellungen eine Mischung aus Inszenierung und Ausprobieren werden: „Wir wollen das Interesse an der Zukunft wecken und zeigen, dass sie nicht nur auf einen zukommt, sondern wir sie gestalten können. Dabei wollen wir die Bedeutung der Kooperation von Wissenschaft, Forschung, Entwicklung und Zivilgesellschaft für die Zukunftsgesellschaft unterstreichen.“

Herzstück ist eine „liquide Dauerausstellung“

3200 Quadratmeter Ausstellungsfläche, verteilt auf drei Etagen, und ein Veranstaltungssaal mit fast 600 Plätzen stehen Leinfelder zur Verfügung, um diese Ideen zu vermitteln. Der Paläontologe gilt als erfahrener Museumsdirektor, er leitete schon das Berliner Naturkundemuseum. Sein Konzept für das Haus der Zukunft steht bereits. Das Herzstück soll eine „liquide Dauerausstellung“ im oberen Stockwerk bilden. Die fünf Kernthemen Arbeit, Gesundheit, Ernährung, Wohnen und Energie stehen miteinander in Verbindung. Schließlich könne man etwa Gesundheit in der Zukunft nicht ohne die Frage der Ernährung oder des Klimas beleuchten.

Der Schwerpunkt der Ausstellung soll häufig wechseln: „Immer wieder wollen wir wie mit einer Lupe bestimmte Themen hervorheben.“ Dabei ist es dem Gründungsdirektor wichtig, dass nicht nur technische Innovationen präsentiert werden, sondern auch die sozialen Zusammenhänge. Arbeitsgruppen entwickeln Ideen, die ein Ausstellungsbür umsetzen soll.

Leinfelder illustriert am Beispiel Wohnen, was ihm vorschwebt: Hier gebe es abhängig davon, welchen Pfad die Gesellschaft einschlage, viele verschiedene denkbare Zukunftsszenarien. Es könnte durchaus sein, dass Häuser oder gar ganze Stadtteile auf dem Wasser gebaut werden oder man, wie bereits heute teils in Tokio der Fall, in engen Schlafboxen haust. Dies könne man in Modellen erlebbar machen.

Wo Roboter die Besucher bedienen dürfen

Im Untergeschoss will Leinfelder ein Reallabor entstehen lassen, in dem die beteiligten Unternehmen wie BASF, Infineon und Siemens ihre Innovationen vorstellen. „Es soll kein Showroom für unsere Gesellschafter werden“, betont der Professor. Deshalb kommen auch kleine Initiativen zum Zug: „Ich kann mir dort eine Versuchsküche vorstellen oder eine Ausstellung, in der man von Robotern bedient wird.“

Ein Stockwerk höher soll eine Kommunikationsebene entstehen mit Platz für Vorträge, Workshops, Slams und Theateraufführungen. Leinfelder: „Meine Vision ist, dass wir eine gute Diskurskraft zustande bekommen. Denn wir brauchen den Dialog von Wirtschaft und Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft.“ Einen Ort des Diskurses schaffen will auch das neue Humboldt-Forum im Berliner Schloss. „Es gibt da viele Schnittmengen“, räumt Leinfelder ein. Aber das Humboldt-Forum sei aufgrund der eingebrachten Sammlungen deutlich objektbezogener. Und es entwickle seine Zukunftsdiskurse stärker aus der Vergangenheitsbetrachtung. „Wir werden hingegen stärker von der heutigen Gesellschaft ausgehen“, sagt Leinfelder.

Ende 2016 soll das Gebäude fertig sein. 58 Millionen Euro kostet der Bau. Der private Partner, die BAM Deutschland AG, ist für die Errichtung und 28 Jahre lang auch für den Betrieb des Gebäudes zuständig, das Haus der Zukunft wird Mieter. Für den Betrieb und die Ausstellung sind acht Millionen Euro eingeplant.