Architekturstudenten machen auf den Mangel an bezahlbaren Proberäumen für Bands aufmerksam. Sie haben verraten, warum dabei nicht mit Lärm zu rechnen ist.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Die Altstadt bekommt einen öffentlichen Proberaum. Mitten auf dem Leonhardsplatz feiert das Übehaus am Samstag, 20. Mai, seine Eröffnung. Studenten der Architekturfakultät der Universität Stuttgart, die hinter dem Übehaus stecken, nennen das Projekt „ein urbanes Musikexperiment.“

 

Konkret bedeutet das zweierlei: Zum einen sollen Bands nach Anmeldung umsonst im Übehaus proben können. Zum anderen soll auch eine Botschaft vermittelt werden. „Wir wollen auf das Problem für Musiker aufmerksam machen, dass es in Stuttgart einen echten Mangel an bezahlbaren Räumen zum Proben gibt“, sagt Nicola Missel, die Initiatorin des Projekts, das auch Gegenstand ihrer Master-Arbeit war und nun realisiert wird.

Von Mai bis Juni soll der Proberaum – so es keine Probleme mit Genehmigungen gibt – rund um die Uhr von Bands genutzt werden können. „Das ist übers Internet unter uebehaus.com ganz einfach, da kann man sich für einen gewünschten Zeitraum einmieten“, erklärt Missel. Die Interessierten erhalten einen Code, mit dem sie das Zahlenschloss am Eingang des Übehauses öffnen können. Musikinstrumente – bis auf ein E-Piano – müssen die Musiker allerdings selbst mitbringen.

Keine Fenster, dafür Schlitze

Den Proberaum einfach offen zu lassen und so Begegnungen zwischen Musikern zu provozieren, war keine Option; zu groß ist die Sorge vor Vandalismus oder anderer Zweckentfremdung. Das Leonhardsviertel krankt aktuell unter einem Drogenproblem, das Anrainer und Anwohner stört und gegen das die Behörden jetzt mit gebündelten Kräften vorgehen wollen.

Neben dem Probebetrieb sind auch mehrere kleine Events im Zeitraum des Projekts geplant. Hier ist vor allem der zweite Punkt, zu wenig Raum für Kreative, im Fokus. „Wir wollen auch Leute, die mit Musik eigentlich nichts zu tun haben, für die Probleme von Bands sensibilisieren“, sagt Missel.

Aus architektonischer Sicht ist der gelbe, fensterlose Raum auf den ersten Blick recht kurios, mindestens ein Blickfang. In Stufen schraubt sich der Bau fünf Meter in die Höhe, neun Quadratmeter beträgt die Grundfläche, wo gespielt wird. Tageslicht dringt nur durch kleine verglaste Nischen, die in die rechteckigen Holzelemente eingelassen sind. Der Schallschutz soll beidseitig wirken. „Es soll kein Krach nach außen dringen, gleichzeitig soll natürlich auch der Straßenlärm von der Hauptstätter Straße rausgehalten werden“, sagt Nicola Missel.

Mit Crowdfunding finanziert

Eine komplexe Konstruktion, die erst mal finanziert werden musste. Die Studenten haben 5000 Euro über eine Crowdfunding-Kampagne eingesammelt – also Spenden über das Internet generiert. Gleichzeitig konnte das Projekt Sachspenden akquirieren – etwa Material oder das besagte E-Piano als Leihgabe. „Und natürlich könnten wir das nicht ohne das ehrenamtliche Engagement meiner Kommilitonen stemmen“, sagt Missel.

Das erste Event des Übehauses beginnt am Samstag um 17 Uhr. Für Bier und Brezeln ist gesorgt, in zwanglosem Rahmen sollen Musiker und Nicht-Musiker ins Gespräch kommen. Natürlich begleitet von Live-Musik. Im Anschluss gibt’s ein Konzert im Bix Jazzclub, es tritt die Linda Kyei´s Swing Combo auf. Und auch diese Musiker haben womöglich irgendwann einmal in einem provisorischen Proberaum angefangen.