Die Stimmung an der Musikhochschule ist frostig: Ministerin Theresia Bauer (Grüne) nimmt erstmals öffentlich zu den Kürzungsplänen Stellung – ausgerechnet in der am schwersten betroffenen Musikhochschule in Trossingen.

Trossingen - Des Menschen Geist, der Kohle Kraft, in treuer Arbeit Großes schafft“ – im übertragenen Wortsinne könnte der Leitspruch wahrer nicht sein, der motivisch über dem Sims der Trossinger Kulturfabrik – einem ehemaligen Industriebetrieb – prangt. Denn warmherzig war der Empfang zunächst allemal, der am Freitagnachmittag der grünen Kunstministerin Theresia Bauer in Trossingen bereitet wurde; rund fünfhundert Menschen versammelten sich bei Gluthitze in und um die örtliche Kulturfabrik, um sich die Kürzungs- oder je nach Lesart Amputationspläne erläutern zu lassen, welche die ortsansässige Musikhochschule im besonderen sowie die weiteren Ausbildungsstätten im Land im allgemeinen treffen sollen (die StZ berichtete).

 

Doch die Trossinger eint das Bewusstsein, dass es neben der vorhandenen Geisteskraft der Lehrkräfte eben auch einer entsprechenden Ausstattung mit – vulgo – Kohle bedarf, um an der kleinsten Musikhochschule im Land, der einzigen sich im ländlichen Raum Deutschlands befindlichen überhaupt, auch weiterhin einen manierlichen Lehrbetrieb ab- und aufrechtzuerhalten.

Schnell schlug die Atmosphäre allerdings ins Frostige um, als die Ministerin Fakten sprechen ließ. „Wir bilden wirklich weitaus mehr Musiker aus, als wir verantworten können“, sagte sie über den Status Quo an den fünf Musikhochschulen Baden-Württembergs. „Kein Bundesland hat mehr Musikhochschulen als Baden-Württemberg“, fügte sie hinzu. Und „was wir uns für Trossingen überlegt haben, ist kein Feigenblatt“. Da hagelte es dann zum zweiten Mal lautstarke Buhrufe, nachdem zuvor im Auditorium schon die Ansage Bauers, dass man keinesfalls an allen Hochschulen gleich stark kürzen wolle, erste Entrüstungsstürme hervorrief – weil speziell die Sparpläne für Trossingen quasi der Sargnagel für den Standort wären.

Noch mehr Buhrufe für Bauer

Und es war nicht das letzte Buh, das der Ministerin entgegenschlug. Was Theresia Bauer auch ankündigte, erntete Missfallen: dass man mit dem geplanten Trostpflaster einer Musikhochschulakademie „attraktive Elemente und Formate an einem attraktiven Standort“ realisieren wolle. Dass man hier „Kooperationen mit dem Freiburger Barockorchester realisieren“ könne. Dass doch Mannheim mit dem Abbau von dreihundert Studienplätzen viel stärker betroffen sei. Und dass – sei es als Bonbon gedacht oder nicht – sogar „eine Million aus den Einsparungen nach Trossingen zusätzlich herein gesteckt wird“, was die Ministerin hier erstmals erwähnte.

Die Motive des Protests in Trossingen enträtselt sich möglicherweise mit einem Blick in die Lokalpresse. In der gestrigen Ausgabe der „Schwäbischen Zeitung“ konstatierte der Trossinger Musikhochschulprofessor Tomislav Baynov: „Ich glaube nicht, dass irgendein Student aus Stuttgart hierher kommen wird, um in Altenheimen zu spielen“. Aber reicht die Sorge um die „Basisversorgung“ der Bevölkerung und die Angst vor dem künstlerischen Nirvana aus, den Musikhochschulstandort Trossingen in der bisherigen Form zu erhalten? Das dürfte gewiss noch zu diskutieren sein. Aber wann? Und wo? „Im Herbst“, schlägt Bauer vor, „die sich von der Schärfe der Tonlage“ überrascht zeigt.

Keine Rede von einer florierenden Musiklandschaft

Selbst in Stuttgart „sind die Proteste kleiner als hier“, sagte die Ministerin fahrlässigerweise dann auch noch, was ihr unter den Jazzfreunden in der Landeshauptstadt gewiss auch keine neuen Freunde bescheren dürfte. „Wir suchen jetzt den Dialog, aber nicht als never ending story“, sagte Bauer. Nach den Ferien gelte es, die „grundsätzlichen Erfordernisse“ des Rechnungshofs umzusetzen. An denen zu zweifeln verbietet sich für eine Ministerin. Oder nicht? Beziehungsweise: Könnte man als Kunstministerin nicht schlichtweg behaupten, dass ausgerechnet an der Kultur mitnichten gespart werden dürfte, jedenfalls nicht jene vergleichsweise mickrigen fünf Millionen Euro, die der Rechnungshof verlangt? Doch „es geht nicht um Peanuts, es geht angesichts aller Sparnotwendigkeiten um eine sinnvolle Schwerpunktsetzung“, so Bauer.

Da hat sie womöglich auch recht – aber dass es noch sehr, sehr viel Gesprächsbedarf gibt, das wurde am Freitag abermals deutlich. Entschlossen indes scheint die Ministerin definitiv zu sein, die Sparvorgaben des Rechnungshofs umzusetzen. Die theoretische Option, zu alledem angesichts der „Peanutssumme“ von fünf Millionen Euro kategorisch nein zu sagen – die stand auch am Freitag nicht zur Debatte. Geredet wird immerfort viel von „Chancen“, „Perspektiven“ und „Möglichkeiten“ – aber vom Erhalt einer florierenden Musiklandschaft ist leider nie die Rede.