Die Kunstministerin des Landes, Theresia Bauer, will beweisen, dass man auch in der Kultur sparen kann. Mit der Stärke des Widerstandes bei Thema Musikhochschulen hat sie offenbar nicht gerechnet.

Kultur: Tim Schleider (schl)

Stuttgart - Eigentlich wollten sie alles ganz richtig machen. Am 15. Juli legte der Landesrechnungshof sein Papier über die „Musikhochschulen in Baden-Württemberg“ vor – mit Forderungen nach pauschalen Kürzungen in Höhe von 5 Millionen Euro pro Jahr. Zwei Tage später kontern die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und ihr Kunststaatssekretär Jürgen Walter, beide von den Grünen, mit einem eigenen Konzept: keine pauschalen Kürzungen, sondern eine Strukturreform, die an den fünf Hochschulstandorten Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg und Trossingen Ausbildungsschwerpunkte definiert – zum Beispiel Jazz, Pop und Tanz nur noch in Mannheim, dafür dort keine Klassik mehr –, das Gesamtprofil aber dadurch sogar noch stärkt und durch Abbau nun überflüssiger Kapazitäten auf Einsparungen von 4 Millionen Euro kommt.

 

Beraten hat man das alles zuvor mit den fünf Hochschulrektoren (drei davon stimmten zu, zwei widersprachen) und externen Sachverständigen. Beraten werden muss es natürlich auch noch in den Gremien des Landtages; das ist ja der ganz normale politische Gang. Einen nützlichen politischen Nebeneffekt hätte das Ganze, so das Kalkül von Bauer und Walter, aber auch noch: Sie signalisieren mit ihrem Plan, dass auch die Kulturpolitik bereit ist, ihr Scherflein zu den großen Einsparungen beizubringen – nur eben auf die schlaue Art.

Aber es kommt alles ganz anders als geplant. Trotz Schul- und Semesterferien beginnt eine hitzige Debatte über die geplanten Kürzungen. Stuttgart soll seinen Jazz, Mannheim seine Klassik und Trossingen seine Akkordeons verlieren? Kaum ein Tag vergeht ohne neue Presseerklärung und Protestnote. Nicht nur die Opposition im Landtag widerspricht, allenthalben wird der Alleingang des Ministeriums beklagt. Die mitregierende SPD, der ihre letzte verbleibende Quasihochburg Mannheim am Herzen liegen muss, fällt der Ministerin in den Rücken. Die Bundestagskandidaten (auch jene der Grünen) entdecken das Thema für ihren lokalen Wahlkampf. Die überregionale Presse wird auf den Fall aufmerksam. Droht der Musiklandschaft Baden-Württembergs, fragen einige aufgeschreckte Feuilletons, nach der Zwangsfusion der SWR-Orchester nun der nächste Musik-Kahlschlag – ausgerechnet unter Regie der Grünen?

Ministerin Bauer kämpft um die Debattenhoheit

Mit Auftritten wie am vergangenen Freitag in Mannheim kämpft Theresia Bauer engagiert um die Debattenhoheit. Aber womöglich liegt die eigentliche Fallgrube bei ihren Betrachtungen an ganz anderer Stelle. Man mag die Umschichtungen innerhalb der Musikhochschulen für begrenzt halten, beispielsweise die Abschaffung des Studienganges Jazz in Stuttgart. Doch die Folgeschäden für die Kulturszene der Stadt sind enorm – so ist das immer in der Kulturpolitik. Bauer will dem Finanzminister Einsparungen in Höhe von 4 Millionen Euro abliefern – bei einem nötigen Sparvolumen im Gesamthaushalt des Landes von rund 1,5 Milliarden Euro. Also großer Schaden bei kleinem Sparertrag: welchen Ruhm will eine Kunstministerin da eigentlich einfahren? Theresia Bauer wird einen hohen politischen Preis dafür zahlen.