Die letzte Ruhestätte ist für die jungen Friedhofsgärtner ein Übungsfeld. Diese Woche haben sie in Hohenheim gezeigt, wie sich das Grab gestalten lässt. Ein Einblick mit vielen Bildern.

Hohenheim - Die braune Erde ist eingefasst von einem schlichten Holzrahmen. Am Ende des Rechtecks ragt ein Grabstein aus der Erde. Bei diesem etwas tristen Anblick scheinen alle Vorstellungen von Friedhöfen erfüllt – wäre da nicht ein kleines Schild mit der Aufschrift „Übungsgrab“. Das liegt umgeben von bunten Blumenbeeten auf dem Gelände der Landwirtschaftlichen Schule Hohenheim. „Wir dürfen uns ein Übungsgrab aussuchen und uns daran kreativ austoben“, erklärt Jacqueline Schöndorf. Schneiden, umpflanzen, düngen und das Beet neu gestalten, das sind an diesem Tag die Aufgaben der 20-Jährigen.

 

Die gebürtige Mannheimerin ist eine von insgesamt 15 Auszubildenden aus ganz Baden-Württemberg, die sich für den Beruf des Friedhofsgärtners entschieden hat. „Es gibt nur wenige, die Friedhofsgärtner werden wollen, die meisten haben ein völliges falsches Bild von unsere Arbeit“, sagt Gerson Krauß. „Dabei mangelt es an Nachwuchs: Ein mittlerer Betrieb versorgt an die 2000 Gräber“, sagt Krauß.

Sie beschäftigen sich mit den Lebenden

Der Fachlehrer bildet jährlich auf der Versuchsstation der Staatsschule für Gartenbau in Plieningen junge Gärtner zu Friedhofsgärtnern aus. Aber was genau hat die wenigen dazu bewogen, sich darauf einzulassen? „Mir gefällt das Soziale und das Kreative an dem Beruf“, sagt Schöndorf. Die junge Frau kämpft gegen Vorurteile: Statt mit dem Tod beschäftigt sie sich mit dem Leben. „Ich helfe dabei, die letzte Ruhestätte zu einem schönen Erinnerungsort zu machen“, sagt sie. Wie kreativ ein Grab gestaltet werden kann, zeigen die Übungsgräber: Viele sehen aus wie kleine blühende Beete, mal ergießt sich ein Blütenmeer über die Grabfläche, mal verströmt ein kleines Urnengrab einen bezaubernden Duft. Geschäftig beugen sich die angehenden Gärtner über ihre Übungsgräber, pflanzen bedächtig Petunien ein oder schichten Erdkissen auf. Dabei darf hier nicht einfach drauflos gepflanzt werden. „Der Bund der deutschen Friedhofsgärtner hat genaue Richtlinien festgesetzt“, erklärt Krauß. „Die Schüler bepflanzen zum ersten Mal ein Grab, da gibt es viel zu beachten“, sagt der Fachlehrer der Landesfachklasse Friedhof.

Wer sich für die Friedhofsgärtnerei entscheidet, der wird in einer dualen dreijährigen Ausbildung zum staatlich anerkannten Gärtner ausgebildet. Erst im letzten Lehrjahr spezialisieren sich die Gärtner auf ihr Fachgebiet. „Wer keinen Respekt vor den Toten hat, der ist bei uns falsch“, sagt Yannick Schulz.

Der Deutsche Meister ist auch da

Der 24-Jährige hat hier vor zwei Jahren seine Abschlussprüfung zum Friedhofsgärtner gemacht und ist mittlerweile Deutscher Meister der jungen Friedhofsgärtner. „Wir werden oft mit Bestattern verwechselt, dabei ist der Tod hier gar nicht präsent, wir bringen die Persönlichkeit des Toten in die Gestaltung mit ein.“ Begeistert erzählt Schulz vom Grab eines Skifahrers, das wie eine Skipiste gestaltet ist. „Langeweile gibt es nicht, das Verhältnis zu den Angehörigen ist sehr intensiv, so weiß man, was wirklich gefällt.“ Zurück zu den Übungsgräbern. Die jungen Gärtner notieren sich eifrig die Tipps von Schulz, der an diesem Tag zahlreiche Fragen beantwortet: Welche Pflanzen sind für welche Jahreszeit geeignet? Wie bindet man den Grabstein mit ein? Neben der Grabpflege müssen die angehenden Friedhofsgärtner später auch Beerdigungsschmuck anfertigen.

Die angehende Friedhofsgärtnerin Jacqueline Schöndorf ist derweil stolz auf ihr erstes Grab, das sie in Rekordzeit bepflanzt hat: Das Übungsgrab hat sich unter ihrer Schaufel in ein duftendes Beet aus Kapkörbchen, Vanilleblumen, Currykraut und Salbei verwandelt.