Zwei Männer stehen seit Dienstag vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, weil sie den Terror des Islamischen Staats (IS) indirekt unterstützt haben sollen. Beide Angeklagten befinden sich auf freiem Fuß.

Stuttgart - Noch haben die zwei Männer, die als mutmaßliche Terrorhelfer vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart stehen, zu den Vorwürfen nichts gesagt. Doch wie radikalisierte Islamisten, die dem Kalifat des Islamischen Staats (IS) in Syrien zum Erfolg verhelfen wollen, wirken sie nicht. Die beiden 40 und 27 Jahre alten Männer aus Stuttgart scheinen eher in eine brandgefährliche Sache hineingeraten zu sein – der eine aus familiären Gründen, der andere aus freundschaftlichen. Der Prozess, der am Dienstag begonnen hat und am 10. Oktober fortgesetzt werden soll, muss es weisen.

 

Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft, Eckhard Maak, wirft den Männern die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor. Zudem hätten die Angeklagten bei der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat Hilfe geleistet.

Alles dreht sich um den jüngeren Bruder

In der Anklage dreht sich mehr oder weniger alles um den jüngeren Bruderdes 40-jährigen Libanesen. Dieser war im August 2013 von Stuttgart über die Türkei nach Syrien gereist, um dort gegen die Truppen des Machthabers Assad zu kämpfen. Er schloss sich der radikalislamistischen Gruppe Jamwa an, die aus kaukasischen und europäischen Kämpfern besteht. Deren Ziel war es – später liefen große Teile der Jamwa zum IS über –, einen Gottesstaat zu gründen. Die Jamwa gilt als terroristische Vereinigung.

Der jüngere Bruder des 40-Jährigen wurde im syrischen Atma an Waffen ausgebildet und soll an einem Häuserkampf nahe Aleppo teilgenommen haben. Im Oktober 2013 soll er vom Chef der Jamwa, einem einstigen georgischen Elitesoldaten mit Kampfnamen Abu Omar al-Shishani, den Befehl bekommen haben, in Deutschland für Ausrüstung zu sorgen.

Nachtsichtgerät für die Terrorkämpfer

Am 22. Oktober 2013 traf der Mann wieder in Stuttgart ein. Und jetzt kommen die zwei aktuell Angeklagten, die sich beide auf freiem Fuß befinden, ins Spiel. Ein anderer Bruder soll den Angeklagten beauftragt haben, vom Firmenkonto der Familie einmal 8000 und einmal 9000 Euro abzuheben. Davon seien 7600 Euro an den jüngeren Bruder gegangen – im Wissen, dass er damit für die Jamwa einkaufen sollte.

Mitte November kaufte der 27-Jährige bei einem Jagd- und Sportschützengeschäft in Stuttgart ein Nachtsichtgerät für 4018 Euro. Mit dabei bei dem Kauf war der zweite jetzt Angeklagte. Die beiden Männer kauften zudem Billighemden in Tarnfarbe, Feldjacken und Medikamente, die in der Wohnung des Mannes aufbewahrt wurden, der jetzt mit dem Bruder des mutmaßlichen IS-Kämpfers vor Gericht steht.

Auch soll der 40-Jährige seinem jüngeren Bruder einen Ford Focus Kombi besorgt haben, mit dem der Jüngere die Einkäufe nach Syrien bringen wollte. Am Rasthof Gruibingen wurde der jüngere Bruder mit einem Komplizen festgenommen. Später wurde er vom OLG Stuttgart zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der damals mitangeklagte Bruder wurde mit drei Jahren Gefängnis bestraft. Ein weiterer Helfer wurde mit zwei Jahren und neun Monaten Haft belegt.

Der dritte Bruder als Nachzügler vor Gericht

Als Nachzügler stehen jetzt der dritte Bruder und der Kumpel vor Gericht. Sie werden von Stefan Holoch und Achim Wizemann verteidigt.

Der 6. Senat hat den Prozess bis Mitte Januar 2018 terminiert. „Von mir aus können wir im Oktober fertig werden“, sagt Verteidiger Holoch. Er und sein Kollege Wizemann haben angekündigt, ihre Mandanten würden sich zu den Vorwürfen äußern. Außerdem habe man Interesse, mit allen Beteiligten ein Rechtsgespräch zur Verkürzung des Prozesses zu führen. Dem will sich der Senat unter Vorsitz von Richter Claus Belling und der Staatsanwalt nicht verschließen.