US-Präsident Donald Trump sieht sich nach der Senats-Aussage von Ex-FBI-Chef James Comey vollständig rehabilitiert – und steht damit nicht alleine.

Washington - Die Berichterstattung über die Anhörung des FBI-Chefs James Comey vor einem US-Senatsausschuss hat die US-Medien wie kein anderes Thema dominiert. Zahlreiche Fernsehsender unterbrachen ihre regulären Programme wegen einer Live-Übertragung. Die Einschätzungen des Gesehenen waren recht unterschiedlich, je nach Ausrichtung des TV-Senders. Mit zunehmender Zeit melden sich auch in der Politik die Anhänger des US-Präsidenten vermehrt zu Wort.

 

Trumps Republikaner bleiben gelassen. Comeys Aussage habe nichts Neues gebracht, sagen sie. Einige Anhänger des Präsidenten gehen zum Gegenangriff über und attackieren Comey als Vertreter des „Tiefen Staates“ aus machthungrigen Bürokraten, die Trump mit allen Mitteln aus dem Amt drängen wollen.   Der Mann im Auge des Sturms tauchte zunächst einmal ab. Ganz gegen seine Gewohnheit meldete sich Donald Trump weder während noch unmittelbar nach Comeys Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss des Senats zu Wort, sondern überließ es seien Anwälten, die Glaubwürdigkeit des ehemaligen FBI-Direktors in Zweifel zu ziehen. Erst am Freitagmorgen erklärte Trump auf Twitter in seiner ersten direkten Reaktion, er sehe sich „vollständig und total“ bestätigt.

Comeys Auftritt sei nach all der Aufregung im Vorfeld wie ein enttäuschendes Superbowl-Endspiel im American Football gewesen, sagte auch der republikanische Senator Thom Tillis dem Magazin „Politico“. Comey habe nur wenig Neues zu berichten gehabt. Deshalb solle sich die Politik nun wieder den Sachthemen wie der Steuerreform oder dem Gesundheitswesen zuwenden. Amerika müsse die Russland-Sache hinter sich lassen.   Genau das ist auch die Position der Trump-Regierung, die Comeys Ermittlungen wegen der russischen Einflussversuche während der US-Präsidentschaftswahl und wegen der mutmaßlichen Kooperation zwischen Trumps Wahlhelfern und den Russen möglichst schnell beendet sehen würde. Kritik der Opposition und der Medien wird als Versuch abgetan, das politische Programm des Präsidenten aus der Spur zu bringen. Dagegen hatte Comey vor dem Senat mit Nachdruck erklärt, er habe „keinen Zweifel“, dass es bei der Wahl russische Manipulationsversuche gegeben habe und dass Moskau erneut versuchen werde, die amerikanische Demokratie zu attackieren.

Amtsenthebungsverfahren gegen Trump liegt in weiter Ferne

Die US-Rechtsnationalisten haben andere Sorgen. Die Nachrichtenplattform Breitbart, deren Ex-Chef Stephen Bannon als Trumps Chefstratege im Weißen Haus sitzt, warf Comey vor, im Auftrag des „Tiefen Staates“ gehandelt zu haben. Der Ex-FBI-Chef hatte zugegeben, Informationen über seine Unterredungen mit Trump gezielt an die Presse weitergeleitet zu haben. Damit habe sich Comey als eine der vielen undichten Stellen im Staatsapparat entpuppt, aus denen regierungsfeindliche Informationen an die Öffentlichkeit kämen, schimpfte auch Trumps Anwalt Marc Kasowitz.   Der „Tiefe Staat“ ist Bannons erklärter Erzfeind: Der Trump-Berater versteht unter diesem Begriff das politische Establishment in Washington, das unter dem neuen Präsidenten angeblich um seine Macht fürchtet und deshalb Trumps Ablösung betreibt. Die Theorie passt zu Trumps Selbstdarstellung als Vertreter des wahren Amerika, der den „Sumpf“ in Washington trockenlegen will.

Der „Tiefe Staat“ ist jedoch keine amerikanische Erfindung. In der Türkei wird unter dem Begriff ebenfalls eine Verschwörung im Staatsapparat verstanden. In Ägypten entmachtet der „Tiefe Staat“ um General Abdel Fattah al-Sisi im Jahr 2013 den Präsidenten Mohammed Morsi.   Bei Bannon, Breitbart und anderen Trump-Unterstützern herrscht die Überzeugung, dass der „Tiefe Staat“ in den USA unermüdlich an Trumps Sturz arbeitet. In diesem Lager gibt es keinerlei kritische Fragen nach dem Verhalten des Präsidenten gegenüber dem FBI-Chef. Sie feiern die Tatsache, dass Comey bei seiner Anhörung keinen eindeutigen Beweis für eine Strafvereitelung im Amt vorlegte, als großen Erfolg. Trump sei entlastet worden, bilanzierte der Nachrichtensender Fox News, der dem Präsidenten nahesteht.   Selbst beim Sender CNN, der den Präsidenten weit kritischer sieht als Fox, hieß es, Comeys Aussage sei keine Basis für einen juristische Vorwurf der Strafvereitelung. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump, das vor Comeys Auftritt heftig diskutiert worden war, liegt in weiter Ferne. US-Medien berichteten unter Berufung auf Mitglieder des Geheimdienstausschusses des Senats, das Gremium wolle seine Nachforschungen weiter vorantreiben und kommende Woche führende Geheimdienstvertreter unter Ausschluss der Öffentlichkeit anhören. Ein Urteil der Senatoren über Trump ist so bald nicht zu erwarten.   Ob das gut oder schlecht ist für den Präsidenten, bleibt abzuwarten.

Parallel zum Senat forscht auch Sonderermittler Robert Mueller nach der Wahrheit in der Russland-Affäre. Der erst vor einem Monat ernannte Mueller wird möglicherweise bis zum nächsten Jahr brauchen, bevor er Ergebnisse vorlegen kann. Die drohende „Wolke“, von der Trump im Zusammenhang mit den Russland-Ermittlungen sprach, hängt auch weiter über dem Weißen Haus.