Präsident Donald Trump verwickelt sich in seinen Ankündigungen nach dem Attentat von New York in Widersprüche. Bei seiner Forderung, die Greencard-Lotterie abzuschaffen, verhält es sich ähnlich.

New York/Washington - Die Richtung ist klar: Härter, viel härter soll das Gesetz werden, fordert US-Präsident Donald Trump seit dem Anschlag in New York. „Was wir jetzt haben, ist ein Witz und eine Lachnummer“, wetterte der Präsident vor einer Sitzung seines Kabinetts: „Wir brauchen viel schnellere und schwerere Strafen als jene, die diese Tiere derzeit bekommen.“

 

Das klingt zwar nicht rechtsstaatlich, aber immerhin robust. Doch welche Schlüsse Trump tatsächlich aus der mörderischen Terrorattacke zieht, ist unklar. Offensichtlich hat sich der amerikanische Präsident noch nicht sortiert. Auf die Frage, ob der Attentäter Sayfullo Saipov in das Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba geschickt werden solle, antwortete er am Mittwoch: „Das erwäge ich. Ja, ich erwäge, ihn nach Gitmo zu schicken.“ Am Donnerstag freilich machte Donald Trump dann eine Kehrtwende: „Ich würde den New Yorker Terroristen gerne nach Guantanamo schicken“, twitterte er. Aber dadurch würde das Verfahren verlängert. Außerdem sei es angemessen, ihn in der Stadt zu behalten, in der er sein furchtbares Verbrechen begangen habe.

Trump macht Rückzieher nach Guantanamo-Vorstoß

Da hat Trump tatsächlich recht. Juristen in den USA hatten wegen seines Guantanamo-Vorstoßes die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Nicht nur würde mit der Überstellung in die Militärjustiz die Anklage in New York in sich zusammenfallen. Vor allem wäre ein schnelles Verfahren kaum zu erwarten: Seit 16 Jahren ist in Guantanamo kein einziger Verdächtiger der Anschläge auf das World Trade Center verurteilt worden. Noch problematischer wären die verfassungsrechtlichen Implikationen: Noch niemals wurde ein mutmaßlicher Terrorist vom Boden der USA in das Gefangenenlager in der Guantanamo-Bucht auf Kuba überstellt. Ein Präzedenzfall würde mit Sicherheit vor den Gerichten landen.

Kaum weniger problematisch ist jedoch, dass Trump nun bereits vor Eröffnung des Verfahrens das politisch gewünschte Urteil verkündet. „Das sollte schnell gehen. TODESSTRAFE!“, twitterte er. Damit steht der Verdacht im Raum der Beeinflussung der Justiz im Raum. Mögliche Klagen dagegen könnten das Verfahren in die Länge ziehen und das Gegenteil von Trumps großspuriger Ankündigung bewirken.

Doch auch politisch will der US-Präsident schnelle Handlungsstärke beweisen und die populäre „Greencard-Lotterie“ abschaffen. Die 1990 eingeführte Verlosung verschafft jährlich nach bestimmten Länderquoten bis zu 50 000 Ausländern aus aller Welt einen dauerhaften Aufenthaltsstatus mit Arbeitserlaubnis in den USA. Der Attentäter Sayfullo Saipov kam 2010 mit einer solchen Greencard ins Land. „Wir müssen diesen Wahnsinn stoppen“, erklärte Trump.

Die Lotterie fürs kommende Jahr läuft bereits

Tatsächlich spricht manches dafür, die Zuwanderung nicht dem Zufall zu überlassen, sondern an die berufliche Qualifikation des Migranten zu knüpfen. Nur hat das mit dem aktuellen Anschlag nichts zu tun. Anders, als der Präsident behauptet, werden die Greencard-Gewinner vor ihrer Einreise nämlich genau überprüft. Bei Saipov fanden sich keine Hinweise auf Sicherheitsgefahren. Er hat sich erst in den USA radikalisiert. Zudem kommen die meisten Ausländer keineswegs über die Greencard-Lotterie, sondern im Rahmen des Familiennachzugs in die Vereinigten Staaten. Schließlich ist die Umstellung von der Verlosung auf eine qualifizierte Auswahl keine neue Idee. Sie findet sich bereits im Gesetzesentwurf zweier republikanischer Senatoren.

Gegen dessen Kernanliegen, die Zuwanderung in die USA insgesamt drastisch zu reduzieren, laufen jedoch die Wirtschaft, die Demokraten sowie die Migrantenanwälte Sturm. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob Trump für seinen Vorstoß eine Mehrheit im Kongress findet. Die Lotterie für das kommende Jahr läuft bereits. Bis zum 22. November können sich Interessenten noch bewerben.