In Italien hat Premier Matteo Renzi einen schweren Stand gegenüber Tsipras-Fans und EU-feindlichen Populisten. Er will nun bei den anstehenden Verhandlungen zwischen EU und Athen die Rolle des Vermittlers spielen.

Rom - Am Tag nach dem griechischen Referendum herrscht auch in Italien große Aufruh. Zwar betonen Regierungschef, Finanzminister und Wirtschaftsexperten einstimmig, das Land mit der zweithöchsten Schuldenlast in Europa habe von Seiten der internationalen Spekulation „nichts zu befürchten“: Italien habe mit den Reformen von Premier Matteo Renzi „seine Hausaufgaben gemacht und Vertrauen zurückgewonnen“; es befinde sich auf zumindest minimalem Wachstumskurs und sei gut gedeckt vom Schutzschild der Europäischen Zentralbank.

 

Renzi aber sieht sich umzingelt von Populisten aller politischen Richtungen, die im griechischen „Nein“ die Bestätigung ihres eigenen Kurses sehen. Eine „Riesen-Ohrfeige für alle Europatrottel“ stelle das Referendum dar, tönt Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega Nord. Und von links außen ruft Nichi Vendola den „Fall der neuen Berliner Mauer“ aus, das „Ende der Austeritätsreligion“, die Niederlage von EU und Troika. Demnächst beginnen im italienischen Parlament die Haushaltsberatungen, und ein in die Ecke gedrängter Ministerpräsident, dem die Opposition (auch in der eigenen Partei) eine allzu große Willfährigkeit gegenüber Bundeskanzlerin Merkel vorwirft, wird sich schwertun, seinen Willen zur Einhaltung europäischer Defizit-Regeln durchzusetzen.

Renzi kritisiert auch die bisherige EU-Linie

Renzi selbst sieht sich als möglicher Vermittler bei den anstehenden neuen Verhandlungen zwischen EU und Athen. Tsipras habe ihn bereits darum gebeten, sagt er. Auch brauche es in der EU mehr gemeinsame Entscheidungen; die Zeit der „Zweier-Kamingespräche zwischen Angela Merkel und François Hollande“ sei vorbei: „Man sieht ja jetzt, wohin eine solche Politik geführt hat.“ Renzi kritisierte am Montag auch die bisherige EU-Linie, die „lediglich auf Zahlen und Richtwerte“ setze, nicht aber auf Wachstum: „Wenn wir dabei stehenbleiben, als Gefangene von Reglements und Bürokratien, dann ist Europa am Ende.“

Wie kritisch gegenüber die EU die Stimmung bei den Italienern selbst ist, zeigt eine repräsentative Umfrage, die zeitgleich mit dem griechischen Referendum publik wurde. Bei einer vergleichbaren Volksabstimmung würden demnach lediglich 51 Prozent der Italiener mit Ja stimmen, also für den Kurs der EU; 19 Prozent erklärten sich unentschlossen. Das heißt – wenn man das schlagartig auf 49 Prozent gesunkene, historisch niedrige Vertrauen der Italiener in die EU mit einrechnet –, dass in Italien ein Resultat wie in Griechenland durchaus möglich ist; die in Athen entfachte Stimmung wird nun auch in Italien um sich greifen. Eine weitere, schwere Hypothek für die Regierung Renzi.