Gestört hat es das Land schon lange, nun schreitet es ein: Handelsketten sollen künftig nicht mehr mit dem Baden-Württemberg-Signet mit den Stauferlöwen werben dürfen. Es sieht dem offiziellen Herkunftszeichen zu ähnlich.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Als Reaktion auf die fragwürdige Kennzeichnung regionaler Lebensmittel in Supermärkten plant die Landesregierung einen klaren Schnitt: Das sogenannte Baden-Württemberg-Signet – ein gelbes Oval mit den drei Stauferlöwen und dem Schriftzug des Landes – soll komplett abgeschafft werden. Damit reagiert das Staatsministerium auf die aus seiner Sicht missbräuchliche Verwendung des Signets durch Handelsketten wie Kaufland. Dies kündigte die Staatssekretärin Theresa Schopper (Grüne) jetzt auf Anfragen von SPD und FDP im Landtag an. Die beiden Oppositionsfraktionen hatten damit Recherchen von Stuttgarter Zeitung und „Spiegel“ aufgegriffen, die belegten, wie die Regierung zunächst vor dem Kaufland-Konzern kapituliert hatte.

 

Die Verwendung des BW-Signets durch die zur Heilbronner Schwarz-Gruppe (Lidl) gehörenden Handelskette war sowohl Verbraucherschützern als auch der Marketinggesellschaft für Agrarprodukte aus Baden-Württemberg (MBW) ein Dorn im Auge. Der Grund: wegen der ähnlichen Gestaltung könne es leicht mit dem offiziellen Herkunftszeichen der MBW verwechselt werden. Während für dieses jedoch strenge Kriterien hinsichtlich Herkunft und Qualität gelten, die auch überwacht werden, sind mit dem BW-Signet keinerlei Auflagen verbunden. Gleichwohl werde bei den Kunden der Eindruck erweckt, das Land bürge für die so präsentierten Lebensmittel. Es liege im Interesse der Regierung, eine „täuschende Verwendung ihrer Symbole abzustellen“, monierte etwa die Verbraucherzentrale.

Rechtliche Aussichten zu ungewiss?

Doch diese Versuche waren bei Kaufland ohne Erfolg geblieben. Während sich andere Handelsketten wie Rewe Südwest zum freiwilligen Verzicht bewegen ließen, blieb das Unternehmen hart: Es wehrte sich mit Rechtsanwälten gegen die Aufforderung des Landes, die Verwendung zu unterlassen. Das Staatsministerium hatte sich bei seinem Vorgehen auf die im Internet veröffentlichten Regeln für das BW-Signet gestützt. Danach darf das Zeichen zwar prinzipiell von jedem verwendet werden, der seine „Verbundenheit mit dem Land Baden-Württemberg zum Ausdruck bringen“ möchte – Bürgern, Verbänden und auch Gewerbetreibenden. Nicht erlaubt ist jedoch, es „als markenmäßigen Herkunftsnachweis einzusetzen“ oder „nach Art einer Marke herauszustellen“.

Die Praxis von Kaufland, das Signet an den Regalen anzubringen, widerspreche den Internet-Regeln und könne „irreführend“ sein, bestätigte Schopper jetzt in der Antwort an SPD und FDP. Doch das Unternehmen hatte dies bezweifelt und auf der Verwendung beharrt. Da man die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreites als „relativ unsicher“ einschätzt habe, gab das Staatsministerium im Jahr 2013 klein bei: Alle Fristen und Anordnungen seien gegenstandslos, schrieb es an Kaufland. Seither verwendete die Handelskette das Signet ungehindert weiter.

Seltsame Kapitulation vor Kaufland

Als Konsequenz bereitete die Regierungszentrale eine neue Verwaltungsvorschrift vor, um die Regeln für das BW-Signet zu präzisieren. Doch die bereits weit fortgeschrittenen Arbeiten daran wurden 2014 jäh gestoppt – zur Empörung der Fachleute im Agrarministerium und bei der Marketing-Gesellschaft. Prompt kamen Vermutungen auf, dies geschehe mit Rücksicht auf den Gründer der Schwarz-Gruppe, den Heilbronner Milliardär und Großsponsor Dieter Schwarz. Er gibt unter anderem viele Millionen Euro an die Duale Hochschule in Heilbronn. Das Staatsministerium hatte einen solchen Zusammenhang bestritten; auch in der Antwort an die Opposition ist davon keine Rede. Grund des Stopps seien vielmehr Zweifel gewesen, ob eine Verwaltungsvorschrift „das richtige rechtliche Instrumentarium“ darstelle.

Nun plant die Regierungszentrale eine radikale Lösung: das im Jahr 2000 eingeführte BW-Signet soll ganz eingestellt werden. Man habe „die Abschaffung in die Wege geleitet“, schreibt Staatssekretärin Schopper an SPD und FDP. Dies sei nicht erst als Reaktion auf die Medienberichte erfolgt, sondern auf eigene Initiative schon zu Jahresbeginn. Das Zeichen darf künftig dann wohl von niemandem mehr verwendet werden. Bei der landeseigenen Marketing-Gesellschaft wird dies begrüßt als ein „längst überfälliger Schritt hin zu mehr Klarheit und Wahrheit bei der Werbung für Lebensmittel in Baden-Württemberg“. In der Vergangenheit sei das Signet häufig mit dem offiziellen Qualitätszeichen verwechselt worden.

FDP moniert Verstoß durch Real

Von der FDP wurde die Regierung derweil auf einen neuen möglichen Missbrauch hingewiesen: Die Handelskette Real werbe in einem Prospekt mit einem Signet, das stark an das Große Landeswappen angelehnt sei. Nur die „wappenführenden Stellen“ seien berechtigt, dies zu verwenden, antwortete das Staatsministerium; man bitte das zuständige Regierungspräsidium um „weitere Prüfung“.