Am Tag der grün-roten Machtübernahme hat Stuttgart 21 erneut für Konfliktstoff zwischen den Koalitionspartnern gesorgt.

Stuttgart - Der Streit zwischen den neuen Koalitionspartnern Grünen und SPD über das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 ist selbst am Tag der gemeinsamen Machtübernahme wieder aufgeflammt. Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) fuhr am Donnerstag seinem Kabinettskollegen Winfried Hermann (Grüne) in die Parade. Der Verkehrsminister und strikte Stuttgart-21-Gegner hatte erklärt, er wolle nicht die Verantwortung für den Bau des Tiefbahnhofs tragen. SPD-Landeschef Schmid, der auch Vize-Ministerpräsident ist, sagte: „Die Regierung baut gemeinsam, wenn der Ausstieg in der Volksabstimmung keine Mehrheit findet.“

 

Die Bahn setzt unterdessen darauf, rasch mit der neuen Regierung offiziell über das riesige Bauvorhaben zu reden. Schmid sagte, Grüne und SPD müssten das Projekt genauso auch gemeinsam rückabwickeln, wenn die Bürger mehrheitlich für den Ausstieg seien: „Das ist eine gemeinsame Verantwortung. Da kann man jetzt nicht mit Rosinenpickerei anfangen.“ Hermann hatte der Berliner „tageszeitung“ („taz“, Donnerstag) gesagt, er wolle die Zuständigkeit an ein SPD-geführtes Ministerium abgeben, wenn das Projekt nach dem Stresstest und der geplanten Volksabstimmung im Herbst doch durchgezogen werden müsse. „Mein Ministerium wäre dann sicher nicht das ideale Haus, um Stuttgart 21 positiv zu begleiten. Das müssten dann andere machen.“ Ein Bahn-Sprecher sagte in Berlin, man gehe davon aus, dass der Lenkungskreis nun sehr kurzfristig zusammenkommen werde. Es gebe klare Signale, dass die neue Regierung dasselbe Interesse habe.

„Danach sehen wir weiter.“ Dem Lenkungskreis gehören das Land, Stadt und Region Stuttgart sowie die Bahn an. Der neue Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte in der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Kretschmann“, er erwarte dass die Bahn den Baustopp bis zu den Gesprächen einhalte. Er fügte mit Blick auf den Volksentscheid hinzu: „Wenn es eine Mehrheit für Stuttgart 21 gibt, dann wird gebaut.“ Sollte ein starkes Votum gegen das Projekt herauskommen, aber an den hohen Hürden des Volksentscheids scheitern, würden weitere politische Debatten nötig. Der kurz nach der Landtagswahl Ende März verhängte vorläufige Bau- und Vergabestopp bis zur Konstituierung der neuen Landesregierung sei eingehalten worden, sagte der Bahnsprecher. Der Konzern hatte damals angekündigt, unmittelbar danach das Gespräch mit den dann Verantwortlichen zu suchen. Zugleich hatte die Bahn betont, der mit den Projektpartnern geschlossene Vertrag für den geplanten Umbau des Stuttgarter Kopfbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation gelte uneingeschränkt.