Geldstrafen aus Brüssel können diesem Plan zufolge auch den Autoherstellern drohen, wenn sie sich nicht an EU-Vorgaben halten. Dieser Vorschlag gilt als Konsequenz aus dem sogenannten Kältemittelstreit zwischen Daimler und der EU-Kommission. Der Stuttgarter Autobauer hatte sich geweigert, ein weniger klimaschädliches, jedoch als feuergefährlich eingestuftes Kältemittel in Autoklimaanlagen zu füllen. Brüssel hatte in diesem Fall keine direkte Handhabe, sondern musste stets den Umweg über die Bundesregierung gehen.

 

Noch gravierendere Folgen für die Hersteller könnte der Vorschlag haben, dass jeder Mitgliedstaat die Typengenehmigung eines Fahrzeugs zurückziehen können soll. „Ein in einem Land zugelassenes Fahrzeug darf weiterhin in der gesamten EU auf die Straße“, heißt es in der Kommission, „an diesem Prinzip des Binnenmarkts rütteln wir nicht.“ Die Aufhebung einer Genehmigung könnte dagegen bald nationale Sache werden: „Es kann nicht sein, dass bei einem Skandal wie Volkswagen alle auf die Entscheidung der deutschen Behörde warten müssen.“ In ihrem Brief ist Kommissarin Bienkowska eindeutig: „Alle Mitgliedstaaten, unabhängig davon, ob sie die Typengenehmigung ausgestellt haben, können nicht-konforme Autos vom Markt nehmen, wenn sie ein Sicherheitsrisiko darstellen oder Umweltschäden hervorrufen.“

Konsequenzen für nationale Behörden

Im Fall des Autobauers Daimler, der 2014 in Paris wegen seines umweltschädlicheren Kältemittels vor Gericht stand, hätten die französischen Behörden mit diesem Gesetz die fraglichen Fahrzeuge eigenständig stilllegen können. Der Parlamentarier Liese macht auf eine weitere Auswirkung aufmerksam: „Wenn beispielsweise in Stuttgart Feinstaubalarm ist, können die deutschen Behörden kontrollieren, ob etwa französische oder italienische Fahrzeuge tatsächlich die Werte einhalten.“ Falls nicht, könnte die Zulassung der betreffenden Modelle hinfällig sein. Konsequenzen hätte das Gesetz auch für nationale Behörden wie das Kraftfahrtbundesamt, das sich einer „Peer Review“ unterziehen müsste, also von Amtskollegen aus anderen EU-Staaten kontrolliert würde. „In anderen Industriezweigen wie der Medizin ist das längst gängige Praxis – es ist eher abnormal, dass es das in der Autobranche bisher nicht gibt“, so der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote: „Wir haben ja gesehen, dass es bitter nötig ist.“

Die Kommissionsvorschläge dienen auch einem taktischen Zweck: Sie sollen das Parlament überzeugen, einem aus seiner Sicht zu schwachen Kompromiss zu Abgaswerten im realen Fahrbetrieb doch noch zuzustimmen. Für die CDU stellte Liese dies in Aussicht. Die Sozialdemokraten fordern zusätzlich ein konkretes Datum, wann die bisher nur im Labor erreichten Grenzwerte auch auf der Straße erzielt werden müssen.