Für die einstige Mappus-Partei CDU wächst sich der EnBW-Deal zu einer Katastrophe aus. Im Landtag redete Fraktionschef Peter Hauk die Sache schön: „Ich glaube nicht, dass das ein Desaster für die CDU ist.“

Stuttgart - Der Landtag debattiert gerade über den Filderdialog – ein Unterkapitel des inzwischen etwas abgewetzten Fortsetzungsromans Stuttgart 21 –, als die Nachricht von den Ermittlungen gegen den Ex-Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) im Parlament anlandet. Mit Sorgenfalten auf der Stirn und Ernst in der Miene reichen Abgeordnete ihre flunderflachen Tablet-Computer herum, um Näheres über die Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft bei Mappus und dessen Bankerfreund Dirk Notheis zu erkunden. „Die Dinge spitzen sich zu“, sagt Ulrich Müller, der von der CDU gestellte Vorsitzende des EnBW-Untersuchungsausschusses.

 

Wenig später steht CDU-Fraktionschef Peter Hauk in der Lobby interessierten Medienvertretern Rede und Antwort. Erst die vernichtende Kritik des Landesrechnungshofs am Handeln des früheren CDU-Allgewaltigen Mappus, dann das Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die von einem stark überhöhten Preis beim Wiedereinstieg des Landes in das Karlsruher Energieunternehmen ausgeht, jetzt die Razzia in den Wohn- und Büroräumen des Ex-Ministerpräsidenten: „Herr Hauk, ist das nicht ein Desaster für die Landes-CDU?“ Hauk sträubt sich. „Ich glaube nicht, dass das ein Desaster für die CDU ist“, erwidert er. Vielmehr verhalte es sich so, „dass sich Stefan Mappus in einer unangenehmen Situation befindet“.

Bis zur Abwahl war Mappus identisch mit der CDU

Bis zum 27. März 2011, dem Tag der Landtagswahl, galt in der CDU der Glaubenssatz, dass Stefan Mappus die CDU sei. Punkt. Mochten das auch viele in der Partei anders sehen. Laut zu sagen trauten sich das nur ganz wenige. Nun aber legt Fraktionschef Hauk erhöhten Wert auf die Feststellung: „Die CDU ist anders.“ Er setzt an zu einem großen historischen Panorama. 58 Jahre habe die Partei Baden-Württemberg regiert – und das nicht schlecht. „Späth, Teufel, auch Oettinger“, mit solchen Namen könne die CDU prunken. Mappus hingegen habe gerade mal etwas mehr als ein Jahr regiert. Es handle sich um ein „Achtundfünfzigstel“, betont Hauk.

Seine Botschaft lautet: Sooo lange war alles picobello im Südwesten. Baden-Württemberg stand wie eine Eins. Sooo kurz nur hat Stefan Mappus, sagen wir mal, Unordnung gemacht. Da muss man doch die Relation sehen. Oder etwa nicht?

Neulich nannte Hauk den Ex-Premier einen Autokraten

Ein CDU-Mann berichtet, bis Pfingsten habe in seiner Partei noch relative Ruhe geherrscht. Seitdem drückt das von Fraktionschef Hauk eruierte klitzekleine Achtundfünfzigstel der CDU schwer aufs Gemüt. „Seid ihr eigentlich alle so?“, wurden die Christdemokraten nach der Veröffentlichung des kabarettreifen E-Mail-Verkehrs zwischen Mappus und Notheis gefragt. Und das Fragen nimmt keine Ende. Das Achtundfünfzigstel trennt die Partei von ihrer – siehe „Späth, Teufel, auch Oettinger“ – glorreichen Vergangenheit.

Neulich nannte Hauk den früheren Ministerpräsidenten, dem er immer schon von Herzen abgeneigt war, ohne dies aber beizeiten öffentlich zu bekunden, neulich also nannte, nein schimpfte Hauk den Ex-Ministerpräsidenten Mappus einen Autokraten. Deutlicher kann man sich eigentlich nicht absetzen. Hauk verweist darauf, dass die CDU den Untersuchungsausschuss zum EnBW-Deal mit eingesetzt habe. „Wer den beschwerlichen Weg der Aufklärung und der Transparenz geht, der muss ihn auch zu Ende gehen. Sonst wird er unglaubwürdig.“ Als Hauk das sagt, geht er aber nicht, sondern steht. Steht und staunt, wie die CDU implodiert. Wer aber kann sie wieder aufrichten? „Es fehlt ein Moses, der uns wieder ins Gelobte Land führt“, sagt ein früherer CDU-Minister. Hauk sei kein Moses, und Thomas Strobl, der CDU-Landeschef, sei es auch nicht.

Angesichts des Elends verzichten die Regierungsfraktionen auf laut vorgetragene Schadenfreude. Andreas Stoch, SPD-Obmann im EnBW-Untersuchungsausschuss, spricht von einer „fast schon tragischen Entwicklung“. Er neigt zu der These, Mappus sei beim Rückkauf der EnBW-Aktien „hirnlos in die Sache reingestolpert“, verführt und gesteuert von seinem Freund, dem Investmentbanker Notheis. Mappus habe vor der Landtagswahl mit seiner vermeintlichen Wirtschaftskompetenz punkten wollen. Hans-Ulrich Sckerl von den Grünen sagt, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft komme nicht von ungefähr. Das Fehlen eines Landesinteresses beim Rückkauf der EnBW, der Kaufpreis, die fehlende wirtschaftliche Analyse des Unternehmens: „Die Hinweise auf Untreue liegen offen zu Tage.“