Frontalangriff auf Agrarminister Bonde: eine Ex-Landtagskandidatin der Grünen, die ihm privat verbunden war, rechnet öffentlich mit ihm ab. Der Ressortchef und seine Partei schweigen dazu.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Agrarminister Alexander Bonde (Grüne) wird massiv von einer Parteifreundin angegriffen, mit der er zeitweise offenbar eine private Beziehung unterhielt. Die einstige Landtagskandidatin im Wahlkreis Hechingen-Münsingen, Kerstin Lamparter (26), machte die inzwischen beendete Verbindung jetzt öffentlich. Zugleich begründete sie damit ihren Rückzug aus allen Parteiämtern, nämlich als Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Landwirtschaft, Reutlinger Kreisvorstandsmitglied und Sprecherin des Ortsverbandes Bad Urach. Sie habe die Funktionen schweren Herzens abgegeben, „um Abstand von der schwierigen Situation zu gewinnen“, aber auch, um Bonde nicht mehr zu begegnen.

 

Der mit einer früheren CDU-Bundestagsabgeordneten verheiratete Minister wollte die Angelegenheit nicht kommentieren. Er bat lediglich darum, seine Privatsphäre zu respektieren. Mit der gleichen Begründung lehnte der Landesverband der Grünen eine Stellungnahme ab. Ministerpräsident Winfried Kretschmann wusste dem Vernehmen nach schon etwas länger von den privaten Turbulenzen um den von ihm geschätzten Bonde; er sei darüber natürlich nicht glücklich, hieß es.

Nur knapp das Direktmandat verfehlt

Im sozialen Netzwerk Facebook und gegenüber der Illustrierten „Bunte“ verband Lamparter ihren Rückzug mit schweren persönlichen Vorwürfen gegen den 41-Jährigen. „Frauen sind kein Spielzeug, das man beliebig benutzt“, schrieb sie etwa. Dabei stellte sie auch seine Eignung als Politiker in Frage: „Minister, die Verantwortung für Baden-Württemberg tragen, sollten auch im Privaten Verantwortung übernehmen können.“ Sie wolle ihrer Partei keinen Schaden zufügen, sehe aber auch keinen Grund mehr, Bonde zu schützen.

Die als Neuling kandidierende 26-Jährige hatte das Direktmandat bei der Landtagswahl nur knapp verfehlt: Sie landete mit 27,8 Prozent gerade mal 600 Stimmen hinter dem Wahlkreismatador von der CDU, Karl-Wilhelm Röhm. Im Wahlkampf und den Monaten davor hatte es gemeinsame Auftritte Lamparters mit Bonde und teilweise auch Kretschmann gegeben. Mit entsprechenden Fotos warb die Kandidatin vor allem im Internet für sich. Die Bauerntochter von der Alb, die einen Fachhandel für Bürobedarf unterhält, galt einerseits als Nachwuchstalent der Grünen. Neben dem Lob für ihr als erfrischend empfundenes öffentliches Auftreten war in der Partei aber auch Unzufriedenheit über ihre inhaltliche Arbeit laut geworden. Grünen-intern hatte sie für den Rückzug als Agrar-Sprecherin beruflichen Gründe genannt.

Grußwort von Bondes Amtschef

Bisher ist nur ein Fall bekannt, in dem es zwischen dem Agrarministerium und Lamparter einen offiziellen Berührungspunkt gab: Für ein von ihr initiiertes Gutscheinheft zum Biosphärenreservat Schwäbische Alb steuerte Bondes Ministerialdirektor Wolfgang Reimer (Grüne) ein Grußwort bei. Dies gilt jedoch als üblich. Sowohl der Minister als auch der Amtschef ließen derlei hundertfach schreiben, hieß es.

Für ihren Facebook-Eintrag erntete Lamparter überwiegend Zuspruch, teilweise aber auch Kritik. Diese bezog sich etwa auf den Zeitpunkt ihrer Attacke auf Bonde. Mitten in den Koalitionsverhandlungen und der Entscheidung über seine Zukunft im Kabinett kommt der Wirbel für ihn höchst ungelegen. Den Gerüchten war der 41-Jährige in den vergangenen Wochen indirekt entgegengetreten, indem er auf Facebook gemeinsame Fotos mit seiner Frau Conny Mayer-Bonde (44) verbreitete. Die frühere CDU-Abgeordnete arbeitet heute als Tourismus-Professorin, das Paar hat drei Kinder. Seine Familie hielt der Minister strikt aus der Politik heraus.

Zwei politische Niederlagen

Politisch musste der Grüne, der vor dem Wechsel nach Stuttgart lange im Bundestag saß, zuletzt zwei Niederlagen einstecken. Erst scheiterte sein Versuch, dem direkt gewählten Freiburger Grünen-Abgeordneten Reinhold Pix die Kandidatur streitig zu machen. Dann wurde er nicht mehr in den Parteirat der Bundes-Grünen gewählt – was Kretschmann sehr bedauerte.