Österreich zeige, dass die „Anbiederung an die Rechtspopulisten oder gar das Kopieren von deren Gaga-Forderungen“ Rechtsaußen erst richtig stark machten, sagte SPD-Vizechef Stegner dieser Zeitung.

Berlin - Die Bundesregierung will sich zwar nicht zum Wahlergebnis in Österreich äußern, aber der Schock sitzt auch im Regierungslager tief. SPD-Vizevorsitzender Ralf Stegner hat das Ergebnis als „dramatisch“ bezeichnet und zugleich den Koalitionspartner scharf attackiert.

 

Der Erfolg des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer, der bei der Bundespräsidentenwahl mit 37 Prozent mit dem stärksten Ergebnis aller Kontrahenten in die Stichwahl gegen den Ex-Grünen Chef Alexander Van der Bellen geht, sei „ein Weckruf für ganz Europa“, sagte Stegner unserer Zeitung. Wenn „Europa so handlungsunfähig bleibt wie bei der Verteilung von Flüchtlingen, bekommen die antieuropäischen Miesepeter von Rechts Oberwasser“, so Stegner weiter. Um ähnliche Ergebnisse in Deutschland zu verhindern, dürfe man Rechtspopulisten nicht nacheifern. „Das Ergebnis zeigt auch: Rhetorische Anbiederung oder gar das Kopieren von deren Gaga-Forderungen macht Rechtsaußen erst richtig stark“, so Stegner. Deshalb müsse „jetzt Schluss sein mit CSU-Blockadepolitik und dem ständigen Flirt des Orban-Flügels in der CSU mit AfD-Parolen.“

Nach Ansicht des innenpolitischen Sprechers der Unions-Fraktion, Stephan Mayer, kann das Ergebnis in Österreich hingegen nicht mit der Situation in Deutschland verglichen werden. Der Erfolg der FPÖ habe „vielschichtige Ursachen“, sagte Mayer dieser Zeitung, etwa die große Unzufriedenheit mit der Politik der großen Koalition aus ÖVP und SPÖ. Außerdem sei die Wahl „stark von der Persönlichkeit der einzelnen Kandidaten geprägt“ gewesen. Allerdings habe „sicherlich auch die Verunsicherung der Bevölkerung hinsichtlich der Bewältigung des massiven Flüchtlingszustroms eine Rolle gespielt“, so Mayer. Es liege jetzt in Deutschland in der „Verantwortung aller etablierter Parteien, die Sorgen und Ängste der Bürger nicht nur ernst zu nehmen, sondern die Probleme auch zu lösen“, sagte Mayer. Nur so könnten Parteien wie die AfD zurückgedrängt werden. Die CSU liegt in dieser Frage seit Monaten im Clinch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nationale Alleingänge zur Schließung der Grenzen für Flüchtlinge ablehnt.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz lehnte hingegen eine Kommentierung ab. „Ich sehe mich nicht in der Lage, hier öffentlich Entwicklungen in einem europäischen Nachbarstaat in irgendeiner Weise zu kommentieren oder gar Fehler zu analysieren, die hier oder woanders passiert sein sollen“, sagte Wirtz. Eine Mitverantwortung der Bundeskanzlerin, deren Flüchtlingspolitik seit vergangenem Herbst starke Auswirkungen auf die innenpolitische Lage in Österreich hatte, sieht die Sprecherin nicht. Merkel habe immer eine gesamteuropäische Lösung der Flüchtlingskrise angestrebt, und die Beschlüsse im Europäischen Rat hierzu seien auch stets einstimmig gefällt worden. Die Bundesregierung sieht auch keine Auswirkungen auf die weitere Zusammenarbeit: „Es gab und gibt eine enge Kooperation mit der österreichischen Regierung über diese Fragen“, so Wirtz.

Österreichs große Koalition hatte den Kurs Merkels und die Öffnung der Grenze für syrische Flüchtlinge im September zunächst mitgetragen, hatte dann aber der öffentlichen Kritik und dem Druck von Rechts nachgegeben und einen restriktiven Kurs samt Grenzschließungen auf der Balkanroute verfolgt.