Die insolvente Geislinger Kaiser-Brauerei erfährt zurzeit eine Welle der Solidarität. Doch nicht nur deshalb herrscht bei den Verantwortlichen Zuversicht, dass der Traditionsbetrieb wieder auf den richtigen Kurs kommt.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Kreis Göppingen - Gastronomen und Geschäftsleute, Politiker und Vereinsvorsitzende, Kunden und Otto-Normal-Biertrinker haben die Initiative ergriffen. Nachdem sich die erste Schockstarre über den Anfang September gestellten Insolvenzantrag der Geislinger Kaiser-Brauerei gelegt hatte, kam eine Solidaritätswelle ins Rollen, von der nicht nur die Brauerfamilie Kumpf angenehm überrascht worden ist. Zahllose Anrufe, Briefe und E-Mails erreichten den mehr als 130 Jahre alten Traditionsbetrieb: mit aufmunternden Worten und mutmachenden Appellen, aber auch mit ganz konkreten Vorschlägen, welche unterstützenden Aktionen zur Rettung der letzten noch verbliebenen Brauerei im Filstal beitragen können.

 

„Wir sind ebenso gerührt wie begeistert, was da passiert ist und was noch passieren soll. Deshalb haben wir alle Schreiben beantwortet und sind viel unterwegs, um vor Ort um Vertrauen zu werben“, erklärt Ulrich Kumpf, der zusammen mit seinem Bruder Friedrich und dem Ulmer Insolvenzverwalter Tobias Sorg das ins Schlingern geratene Schiff wieder auf Kurs bringen will. „Ein großer Vorteil ist dabei, dass Herr Sorg ein betriebswirtschaftlich denkender Mensch ist, der ein gutes Gespür dafür hat, wie ein mittelständisches Unternehmen tickt und was in einer solchen Situation hilft“, sagt Ulrich Kumpf.

Ideele und tatkräftige Hilfe von allen Seiten

Ideelle und tatkräftige Hilfe gibt es darüber hinaus von den verschiedensten Seiten. Beim jüngsten Bundesligaspiel der Frisch-Auf-Handballer, die von der Kaiser-Brauerei seit Langem unterstützt werden, machten viele Fans der Grün-Weißen deutlich, dass sie „a gscheits Bier“, wie es Kaiser bewirbt, zu schätzen wissen. Unter dem Motto „Für uns von hier“ beteiligten sie sich an einer Fotoaktion, um sich dann an der Theke ihr Pausenbierchen zu kaufen. Eine ähnliche Aktion mit Bands und Tanzgruppen folgt am Sonntag von 12 bis 18 Uhr in der Geislinger Rätsche, wo örtliche Kneipiers zapfen und verkaufen werden.

Fabrizio Schönholz, Mitinhaber der Bar Mangou in Geislingen, lässt es damit aber nicht bewenden. Er hat alle Gastronomen angeschrieben und dazu aufgefordert, bis Ende Oktober alle Kaiser-Biere zu günstigeren Preisen anzubieten, um dadurch den Umsatz anzukurbeln. Und auch die Politik belässt es nicht bei wohlmeinenden Verlautbarungen. Einer Resolution des Geislinger Gemeinderats, die der CDU-Mann Holger Scheible aufgesetzt hat, wird am Samstag, 11. Oktober, ein Solidaritäts-Verkauf vor dem Gebauer-Markt in der Heidenheimer Straße folgen. Der Landrat Edgar Wolff, der Oberbürgermeister Frank Dehmer, der SPD-Landtagsabgeordnete Sascha Binder sowie etliche Mitglieder des Kommunalparlaments werden von 9 bis 13 Uhr Kisten schleppen und abkassieren.

Bier-und-Brot-Kampagne in Daiber-Märkten

Just an diesem Donnerstag beginnt in den drei Frisch-Märkten des Bäckermeisters Gerhard Daiber in Göppingen, Wangen und Reichenbach/Fils obendrein eine Bier-und-Brot-Kampgane: Beim Kauf einer Kiste Kaiser-Bier wird gratis ein rustikales Bauernlaible oder ein Kipf Kaiser’s Bierbrot oben drauf gelegt. „Wir arbeiten seit Jahrzehnten mit der Familie Kumpf zusammen und wissen selber, wie schwer es ist, als regionaler Anbieter und Familienunternehmen auf dem Markt zu bestehen. Also haben wir beschlossen, da etwas zu machen“, erklärt Daiber. Bedauern allein helfe weder der Brauerei noch den Mitarbeitern, fügt er hinzu.

Spontan etwas gemacht hat zudem ein Kunde, wobei Ulrich Kumpf bis jetzt noch nicht weiß, um wen es sich handelt: In der vergangenen Woche gründete der Unbekannte eine Facebook-Communitiy unter dem Titel „Rettet die Kaiser-Traditionsbrauerei“. Inzwischen tummeln sich bereits knapp 1000 Mitglieder auf der Plattform. Und in der realen Welt tut sich auch was: Getränkehändler füllen ihre Bestände auf, und die Kunden schlagen ebenfalls zu. „Bei Gebauer war unser Original am Samstag restlos ausverkauft. Das gab es, so weit ich weiß, noch nie“, sagt der nach eigenen Worten „Brauer mit Leib und Seele“.

Eines weiß Ulrich Kumpf aber ziemlich sicher: „Wir sind zwar wieder zurück in der Spur und haben im Ausland gerade das eine oder andere Eisen im Feuer.“ Entscheidend sei jedoch der Umsatz im Kerngebiet. „Letzten Endes hilft es nur, wenn die Leute unsere grünen Kisten kaufen“, ergänzt er. Geschehe dies dauerhaft, sei er zuversichtlich, dass die Kaiser-Brauerei weiter bestehen könne. „Uns allen ist das sehr wichtig. Nicht der Tradition wegen, sondern weil wir unserem 50-köpfigen Personal eine Perspektive bieten wollen.“