Erlebt die Kleinstadt Ferguson eine zweite Nacht mit Ausschreitungen? Die Behörden im US-Staat Missouri haben weitere Nationalgardisten herbeibeordert, um das zu verhindern.

Ferguson - Nach den Krawalle in der US-Kleinstadt Ferguson verstärken die Behörden die Nationalgarde. Es würden insgesamt 2100 Soldaten in Ferguson und Umgebung stationiert, kündigte der Gouverneur des Bundesstaates Missouri, Jay Nixon, an. „Die Gewalt, die wir in Teilen von Ferguson in der vergangenen Nacht gesehen haben, darf sich nicht wiederholen“, sagte Nixon am Dienstag.

 

Drei Monate nach dem Tod des schwarzen Jugendlichen Michael Brown durch Schüsse eines Polizisten waren Montagnacht in Ferguson Unruhen ausgebrochen. Auslöser war die Entscheidung einer Geschworenenjury, dass der weiße Todesschütze, der Polizist Darren Wilson nicht vor Gericht muss. Wilson hatte ausgesagt, den 18-Jährigen Michael Brown nach einem Handgemenge in Notwehr getötet zu haben.

Scharfe Kritik an der Entscheidung der Geschworenen äußerte der einflussreiche Bürgerrechtler Al Sharpton. Er prangerte eine systematische Benachteiligung von Afroamerikanern im US-Justizsystem an. „Das ist kein Problem von Ferguson“, sagte Sharpton am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Ferguson, einem Vorort von St. Louis. „Das ist ein Problem überall im Land.“

Landesweiter Protesttag geplant

Sharpton, eine Führungsfigur der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung, kündigte einen landesweiten Protesttag am Samstag an. „Wir haben vielleicht die erste Runde verloren, aber der Kampf ist nicht vorbei“, sagte er. „Sie haben unsere Herzen gebrochen, aber nicht unser Rückgrat.“

Die Anwälte von Browns Familie kritisierten das „vollkommen unfaire“ Verfahren vor der mehrheitlich weißen Grand Jury. Das Justizsystem der Vereinigten Staaten sei „kaputt“, sagte Benjamin Crump. Der Anwalt warf der Staatsanwaltschaft vor, voreingenommen gewesen zu sein. Die Dokumente des Verfahrens würden zeigen, dass Wilson bei seiner Aussage vor der Grand Jury gar nicht richtig ins Kreuzverhör genommen worden sei. „Ein Jurastudent aus dem ersten Semester hätte einen besseren Job gemacht“, sagte Crump. Wilsons Glaubwürdigkeit sei nie in Frage gestellt worden.

Todesschütze würde wieder so handeln

Die Kritik zielt besonders auf Staatsanwalt Robert McCulloch, der die Entscheidung der Grand Jury am Montagabend verkündet hatte. Crump beklagte die „symbiotische Beziehung“ zwischen McCulloch und der örtlichen Polizei. Der Staatsanwalt stammt aus einer Polizistenfamilie. US-Medien zufolge arbeiteten sein Bruder, seine Mutter, sein Onkel und sein Cousin für die Polizeibehörde von St. Louis. Sein Vater trug ebenfalls Polizeiuniform und wurde von einem Afroamerikaner im Dienst erschossen, als McCulloch zwölf Jahre alt war.

Wilson gab unterdessen dem Sender ABC sein erstes Fernsehinterview, von dem erste Teile am Dienstagabend (Ortszeit) ausgestrahlt werden sollen. Nach Angaben des ABC-Journalisten George Stephanopoulos sagte der Polizist in dem Gespräch, dass er Browns Tod bedauere, er aber wieder so handeln würde, weil es Notwehr gewesen sei.