Der Branchenprimus zieht nach zwei Verlustjahren in Folge Konsequenzen. Gleichwohl erhalten über 300 Banker Millionenbeträge – nicht nur im Vorstand, der auf Bonuszahlungen für 2016 komplett verzichtet.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Nach zwei Milliardenverlusten in Folge hat die Deutsche Bank ihren Bonustopf kräftig eingedampft. Für 2016 wurden laut dem am Montag veröffentlichten Geschäftsbericht Boni in Höhe von 546 Millionen Euro zugesagt, 77 Prozent weniger als im Vorjahr. Gleichwohl erhalten gut 300 Mitarbeiter eine Gesamtvergütung von mindestens einer Million Euro, die beiden bestbezahlten sogar mehr als sechs Millionen Euro. 2015 hatte der Spitzenverdienst noch über elf Millionen Euro gelegen.

 

Wer die Topverdiener sind oder wo sie arbeiten, geht aus dem Bericht nicht hervor. Traditionell werden in der Finanzbranche die höchsten Gehälter im Investmentbanking gezahlt, das den Handel mit Wertpapieren sowie die Beratung bei Börsengängen und Übernahmen umfasst. Ein Großteil des Kapitalmarktgeschäfts der Deutschen Bank wird in London abgewickelt, wo selbst zweistellige Millionenbezüge für Spitzenbanker keine Seltenheit sind: So zahlte die britische Bank HSBC laut ihrem Geschäftsbericht für 2016 einem ungenannten Mitarbeiter rund 13 Millionen Dollar (12 Millionen Euro). Bei Barclays bekam der Spitzenverdiener mehr als neun Millionen Euro.

Vorstandschef Cryan bekommt 3,8 Millionen Euro

Bei den meisten großen US-Banken stehen die Geschäftsberichte für das zurückliegende Jahr noch aus. Eine Ausnahme ist die Bank of America, deren Vorstandschef Brian Moynihan für 2016 insgesamt 20 Millionen Dollar zugesagt bekam.

Verglichen damit nehmen sich die Bezüge von Deutsche-Bank-Chef John Cryan mit 3,8 Millionen Euro geradezu bescheiden aus. Es handelt sich um das Grundgehalt, auf Bonuszahlungen hat Cryan wie seine Vorstandskollegen angesichts des Verlusts von 1,4 Milliarden Euro im vergangenen Jahr verzichtet.

Zahlungen an ehemalige Bankchefs teilweise eingefroren

Zum wiederholten Mal wurden außerdem Zahlungen einbehalten, die den ehemaligen Bankchefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen, deren Vorgänger Josef Ackermann und weiteren Ex-Vorständen in früheren Jahren zugesagt worden waren. Der Hintergrund: große Boni werden bei Banken nicht auf einen Schlag, sondern über mehrere Jahre hinweg ausgeschüttet. Stellt sich zwischenzeitlich heraus, dass eine ursprünglich prämierte Leistung für das Unternehmen nicht nachhaltig war, so können einzelne Raten einbehalten werden. Ackermann hatte die Deutsche Bank zwar sicher durch die Finanzkrise geführt, hinterließ seinen Nachfolgern aber einen Berg an Rechtsstreitigkeiten. Viele davon nahmen ihren Ausgang in der Investmentbank, die lange Jahre von Jain geleitet wurde. Nach dessen Wechsel in den Vorstandsvorsitz, den er mit Fitschen teilte, kamen neue Probleme hinzu – etwa ein Geldwäscheskandal in Russland.

Die verzögerte Auszahlung von Boni wurde nach der Finanzkrise Pflicht. Der Tübinger Wirtschaftsprofessor Patrick Kampkötter bewertet diese Reform als echte Verbesserung: „Vor der Finanzkrise waren die Bonussysteme vieler Banken zu stark auf den kurzfristigen Gewinn ausgerichtet mit dem Ergebnis, dass hohe Risiken eingegangen wurden und die Gewinne stark schwankten. Das hat sich in der Nachkrisenzeit erheblich verbessert.“

Regeln für Rückforderung von Boni geplant

Zusätzlich arbeitet die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) derzeit an Vorschriften, nach denen bereits ausbezahlte Boni bei nachweislichem Fehlverhalten zurückgefordert werden können. Solche nach dem amerikanischen Vorbild als „Clawbacks“ bekannte Regeln seien „eine gute Idee, aber schwierig umzusetzen“, meint Kampkötter. „Erste Erfahrungen in den USA zeigen, dass viele Unternehmen vor den hohen Kosten für die damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten und der resultierenden Unsicherheit zurückschrecken.“

Bevor entsprechende Verfahren in Deutschland kommen, werde noch einige Zeit vergehen, sagt die Vergütungsexpertin Petra Knab-Hägele, Leiterin des Bereichs Banken und Versicherungen bei der Unternehmensberatung hkp: „Um Clawbacks durchzusetzen, müssen diese in den Arbeitsverträgen ausdrücklich festgeschrieben werden. Greifen könnte eine solche Regelung damit frühestens für Bonuszahlungen, die in diesem Jahr verdient und 2018 gewährt werden.“ In den vergangenen Jahren gezahlte Boni zurückzuholen, wäre juristisch schwer machbar.

Die umstrittenen Leistungsprämien grundsätzlich zu streichen, hielte Kampkötter für falsch: „Eine Abschaffung von Boni zugunsten reiner Fixgehälter wäre für den Unternehmenserfolg von Nachteil. Denn bei vielen Mitarbeitern kann man mit einer intelligent gestalteten leistungsorientierten Vergütung schon mehr herausholen.“ Auch die Bankenaufsicht betrachte Boni „als wichtiges Instrument der Verhaltens- und Unternehmenssteuerung“, betont Knab-Hägele.