Am Freitag hat Nordkorea erneut eine Rakete gestartet. Der Raketentest wurde weltweit mit Empörung aufgenommen. Der UN-Sicherheitsrat diskutiert am Freitag neue Sanktionen gegen das Land.

Seoul/Tokio - Allen Warnungen zum Trotz hat Nordkorea am Freitag eine Mittelstreckenrakete abgefeuert und damit erneut Furcht vor einen Angriff auf den US-Stützpunkt Guam im Pazifik geschürt. Die Rakete, die wohl weiter flog als alle bisher gezündeten Geschosse, flog über den Norden Japans hinweg und stürzte nach Angaben Tokios in den Pazifik. Südkorea zeigte sich offen für eine Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in dem Konflikt. Nach Angaben des südkoreanischen Verteidigungsministeriums feuerte Nordkorea die Rakete in der Nähe des Flughafens der Hauptstadt Pjöngjang ab. Sie sei vermutlich rund 3700 Kilometer weit und bis zu 770 Kilometer hoch geflogen. Diese Rakete sei weiter geflogen als alle anderen Geschosse, die Nordkorea bisher abgefeuert habe, sagte der Militärexperte Joseph Dempsey vom Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS). Der Physiker David Wright sagte, Nordkorea habe damit seine Fähigkeit demonstriert, dass es Guam mit seinen Raketen erreichen könne - „auch wenn nicht klar ist, welchen Sprengsatz die Rakete transportierte“.

 

Der Experte Yang Moo Jin von der Universität für Nordkorea-Studien in Seoul wertete den Raketenabschuss als Antwort auf die erst Anfang der Woche verschärften UN-Sanktionen gegen Pjöngjang: „Der Norden sendet die Botschaft: ‚Wir beugen uns keinen Sanktionen und unsere Warnungen sind keine leeren Drohungen.’“ Japans Regierungschef Abe erklärte, sein Land werde eine solche Provokation nicht hinnehmen. Sie sei „eine Bedrohung für den Weltfrieden“.

Merkel bot Unterstützung bei Schlichtung an

Erst Ende August hatte Nordkorea eine Mittelstreckenrakete über Japan hinweg abgefeuert. Südkorea zeigte sich offen für eine Vermittlung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Wir sind Kanzlerin Merkel sehr dankbar, dass sie uns helfen will. Wir heißen ihr Angebot willkommen“, sagte der oberste Sicherheitsberater von Präsident Moon Jae In, Chung Eui Yong, dem „Spiegel“. Merkel hatte zuvor der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gesagt: „Wenn unsere Beteiligung an Gesprächen gewünscht wird, werde ich sofort ja sagen.“ Auf Antrag der USA und Japans wurde der UN-Sicherheitsrat für Freitag (21.00 Uhr MESZ) zu einer Dringlichkeitssitzung einberufen.

Die USA erhöhten den Druck auf die UN-Vetomächte China und Russland, ihre Einflussmöglichkeiten auf Nordkorea zu nutzen. „China liefert das meiste Öl nach Nordkorea. Russland ist der größte Arbeitgeber von nordkoreanischen Zwangsarbeitern“, erklärte US-Außenminister Rex Tillerson. Peking und Moskau müssten durch „eigenes direktes Handeln“ deutlich machen, dass sie diese „rücksichtslosen Raketentests“ Nordkoreas nicht tolerierten.

Der Kreml sieht Ausweg nur in Gespräch mit Pjöngjang

Der Kreml erklärte nach einem Telefonat von Russlands Staatschef Wladimir Putin mit seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron, beide sähen in direkten Gesprächen mit Pjöngjang den einzigen Ausweg aus der Krise. Es sei „nicht hinnehmbar, eine Eskalation der Spannungen zu erlauben“, Als Reaktion auf den sechsten und bisher gewaltigsten Atomwaffentest Nordkoreas vom 3. September hatte der UN-Sicherheitsrat am Montag ein achtes Sanktionspaket gegen Pjöngjang beschlossen. Dieses beinhaltet unter anderem ein Verbot von Textilimporten aus Nordkorea, ein Gasembargo sowie Beschränkungen bei Öllieferungen.

China wies die US-Forderung nach einem strikteren Vorgehen gegen seinen Verbündeten zurück. Der Kern des Problems sei der Konflikt zwischen Nordkorea und den USA - nicht China sei das Land, das für eine Verschärfung der Spannungen sorge, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un lässt seit Jahren das Raketen- und Atomwaffenprogramm seines Landes ausbauen und fordert die internationale Gemeinschaft immer wieder mit Raketen- und Atomwaffentests heraus. Die Führung in Pjöngjang wirft den USA und Südkorea vor, Nordkorea zu bedrohen; Washington lehnt direkte Gespräche mit Pjöngjang ab.