Politiker im Südwesten sehen mit dem Unions-Kompromiss für Grenzen bei der Flüchtlingsaufnahme die höchste Hürde für ein Jamaikabündnis in Berlin beiseite geräumt.

Stuttgart - Durch den Kompromiss der Union für Grenzen bei der Zuwanderung sieht Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Weichen für Sondierungen gestellt. „Es ist gut, dass sich die Union hat verständigen können, denn nun können die Sondierungen beginnen“, sagte Kretschmann am Montag. Der einzige Ministerpräsident der Grünen wird in der Sondierungsgruppe mitarbeiten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat FDP und Grüne für kommende Woche zu Gesprächen über eine Jamaika-Koalition eingeladen.

 

Am Sonntag hatten sich CDU und CSU auf einen Kompromiss in ihrem Streit um eine Obergrenze bei der Zuwanderung geeinigt. Zum Inhalt des Kompromisses äußerte er sich nicht. „Entscheidender als die programmatischen Forderungen einzelner Parteien wird sein, wie die neue Bundesregierung ihre Flüchtlingspolitik bestimmt.“ Kretschmann mahnte: „Eine der stärksten Wirtschaftsmächte der Welt sollte sich nicht monatelang mit einer Interimsregierung begnügen.“

Die Unionsparteien hatten sich am Sonntag auf das Ziel verständigt, maximal 200 000 Flüchtlinge pro Jahr aufzunehmen. Der Kompromiss sieht aber Ausnahmen für Sondersituationen vor. Außerdem bekennen sich CDU und CSU zum Recht auf Asyl im Grundgesetz und zur Genfer Flüchtlingskonvention.

FDP-Politiker Theurer lobt Kompromiss

CDU-Landeschef Thomas Strobl sieht einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Jamaika-Koalition. „Wichtig ist, dass es jetzt vorangeht, dass es losgehen kann und wir den Blick nach vorne richten“, sagte Strobl. „Unser Ziel ist klar: Wir wollen die Flüchtlingszahlen weiter nach unten bringen.“

Obwohl das umstrittene Wort „Obergrenze“ im Kompromiss nicht auftaucht, ist es für Thomas Bareiß aus dem Präsidium der Südwest-CDU nicht vom Tisch: „Unser Land hat aber keine unbegrenzte Aufnahme- und Integrationskraft. Deshalb ist die jetzt beschlossene Obergrenze von 200 000 sinnvoll“, sagte Bareiß.

Jörg Meuthen, AfD-Fraktionschef im Stuttgarter Landtag, kritisierte die Einigung indes als „bewusste Irreführung der Bürger“. Sämtliche Asylbewerber, die auf dem Landweg nach Deutschland kämen, seien illegale Einwanderer. „Die CSU stimmt nun also mit der CDU überein, bis zu 200 000 illegale Einwanderer pro Jahr ins Land zu lassen.“

FDP-Landeschef Michael Theurer hingegen lobte den Kompromiss von CDU und CSU: „Dass die Union sich für ein Zuwanderungsgesetz ausspricht, ist ein substanzieller Fortschritt, denn die Union hat sich bisher dagegen gesperrt.“ Das Grundrecht auf Asyl bleibe unangetastet. „Das entspricht auch der FDP-Position.“

Grünen-Landeschefin Sandra Detzer zeigte sich erfreut über den voranschreitenden „Selbstfindungsprozess der Union“: „Wir Grüne werden für das kämpfen, was wir im Wahlkampf versprochen haben: Eine humanitäre und faire Flüchtlingspolitik, die Menschen Schutz bietet, die vor Krieg und Verfolgung fliehen.“