Die Filderklinik will künftig nicht mehr die Methode der Bauchspiegelung anwenden, die bei einer jungen Frau zu lebensgefährlichen Komplikationen geführt hat.

Stuttgart - Die Methode der Bauchspiegelung, die bei einer jungen Frau am Dienstag in der Filderklinik verwendet worden war und in der Folge es zu lebensgefährlichen Komplikationen gekommen war, wird in der anthroposophischen Einrichtung künftig nicht mehr angewandt. Dies sagte der medizinische Geschäftsführer der Filderklinik, Bernd Voggenreiter, am Samstag auf Anfrage der Stuttgarter Zeitung.

 

Der 21-jährigen Patientin aus Filderstadt-Bonlanden (Kreis Esslingen) gehe es inzwischen schlechter als am Freitag, als die Klinikleitung mit dem Fall an die Öffentlichkeit gegangen war. Herz und Lunge würden kaum mehr funktionieren, erklärte der Mediziner am Samstagvormittag. Die Frau liege im Koma und werde künstlich beatmet. Angehörige und Freunde warteten auch am Samstag in und vor dem Krankenhaus die weitere Entwicklung ab. Die Klinik will nun aus der verunglückten Operation Konsequenzen ziehen. Künftig sollen Bauchspiegelungen nicht mehr mit der bei der Frau angewandten Methode vorgenommen werden.

Voggenreiter teilte am Samstag zudem weitere Details zu der Operation am Dienstag mit. Demnach habe eine Oberärztin der Gynäkologie und nicht der Chirurgie, wie zunächst berichtet, zu Beginn der als minimalinvasiv geltenden Operation eine halbe Stunde lang versucht, eine sogenannte Veress-Nadel zu setzen. Sie werde durch die Bauchdecke gestochen, um Luft in den Bauch zu blasen. So sollen bei der OP Organe geschützt werden.

Zehn Liter Blutkonserven wurden bei der OP verbraucht

Nachdem dieser Eingriff auch dem hinzugerufenen Chefarzt der Gynäkologie nicht gelungen sei, habe er mit einem sogenannten Trokar, an dessen Spitze sich ein kleines Messer befindet, gearbeitet, erklärte Voggenreiter. Mit diesem Instrument sei offensichtlich die Beckenvene verletzt worden. Die Folge war ein erheblicher Blutverlust. Bei der OP wurden mehr als zehn Liter Blutkonserven verbraucht. Durch den Blutverlust ist offenbar auch die Hirnschädigung verursacht worden.

Voggenreiter. der den Unfall zutiefst bedauert, will nun in der Klinik generell eine Methode der Bauchspiegelung anwenden, die bereits in der Chirurgie gang und gäbe sei. Dabei komme zwar auch der Trokar zum Einsatz, allerdings ohne den Messereinsatz. „Bei dieser Methode wird außerdem unter Sicht gearbeitet“, erklärte Voggenreiter, der selbst Chirurg ist. Ob bei der Operation an der jungen Frau Fehler gemacht wurden, könne er nicht sagen. Zurzeit liegt die Frau im Koma, die Staatsanwaltschaft ist über den Vorfall informiert, kann aber erst nach einer Obduktion erste Rückschlüsse über den Verlauf der OP ziehen.

Schulmedizin und Anthroposophie

Filderklinik
Die Filderklinik ist ein freigemeinnütziges Plankrankenhaus mit gut 200 Betten. Sie beschäftigt 84 Ärzte und 152 Pflegekräfte (Angaben von 2013). Das Krankenhaus hat die Schwerpunkte Allgemein- und Viszeralchirurgie, Anästhesie und Intensivmedizin, Gastroenterologie (Magen/Darm), Gynäkologie und Geburtshilfe, Innere Medizin, Kinder- und Jugendmedizin, Neonatologie (Frühgeborene), Onkologie (Krebs), Psychosomatik (Kinder und Erwachsene), Schmerz- und Palliativmedizin und Unfallchirurgie.

Anthroposophie
Die Filderklinik zählt nach eigenen Angaben zu den deutschlandweit drei großen anthroposophisch ausgerichteten Kliniken mit Grundversorgungsauftrag. Die anthroposophisch tätigen Ärzte, Therapeuten und Pflegenden verstehen demnach den Menschen als Einheit von Leib, Seele und Geist. Jeder anthroposophische Arzt sei in der naturwissenschaftlichen Medizin ausgebildet und verfüge darüber hinaus über ein Spektrum von ergänzenden Behandlungsmethoden, zu denen pflanzliche, homöopathische und anthroposophische Medikamente zählten. Mit diesen Angeboten werde die herkömmliche Schulmedizin in Pflege, Diagnostik und Therapie in der Filderklinik ergänzt.